Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt: Unzumutbarkeit einer Vollzeittätigkeit neben Betreuung von zwei Grundschulkindern
Leitsatz (redaktionell)
Auch nach neuem Unterhaltsrecht ist dem geschiedenen alleinerziehenden Ehegatten neben der Betreuung von zwei gemeinsamen Kindern – insbesondere dann, wenn er bislang nicht berufstätig war – aus Gründen des Kindeswohls und nachehelicher Solidarität eine Vollzeittätigkeit nicht zumutbar.
Normenkette
BGB §§ 1569, 1570 Abs. 1-2, § 1574
Verfahrensgang
AG Duisburg (Beschluss vom 26.02.2008) |
Tenor
... wird der Beschluss des AG Duisburg vom 26.2.2008 auf die sofortige Beschwerde der Kläger teilweise dahingehend abgeändert, dass den Klägern ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. aus D. für ihre nunmehrigen Klageanträge gem. Schriftsatz vom 12.3.2008 bewilligt wird, der Klägerin zu 1) jedoch nur in Höhe eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt i.H.v. 316 EUR monatlich.
Die weitergehende sofortige Beschwerde der Klägerin zu 1) wird zurückgewiesen.
Die auf die Klägerin zu 1) entfallenden Gerichtskosten werden auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin zu 1) ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten, die Kläger zu 2) und 3), geboren im April 1999 und August 2001 die gemeinsamen Kinder. Die Kläger begehren die Abänderung eines Urteils des AG Duisburg vom 9.3.2007, durch welches der Beklagte zur Zahlung von nachehelichem Aufstockungsunterhalt an die Klägerin zu 1) i.H.v. 236,28 EUR monatlich verurteilt wurde, sowie zur Zahlung von Kindesunterhalt für die Kläger zu 2) und 3) i.H.v. 114 % des Regelbetrages. Für diese Klage beantragen sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Das AG hat diesen Antrag der Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 323 ZPO liege nicht vor, zudem genüge der Vortrag der Klägerin zu 1) nicht der seit Januar 2008 geltenden Rechtslage, da nachehelicher Unterhalt nunmehr nur noch in Ausnahmefällen geschuldet werde, wenn es keine Möglichkeit gebe, den eheangemessenen Bedarf durch eine eigene Erwerbstätigkeit zu decken. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Kläger mit ihrer sofortigen Beschwerde.
II. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des AG Duisburg Ruhrort vom 26.2.2008 ist statthaft gem. § 127 Abs. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässig, insb. wurde sie fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat sie in dem tenorierten Umfang Erfolg, die weitergehende sofortige Beschwerde der Klägerin zu 1) war jedoch zurückzuweisen.
Maßgeblich für die Höhe der Kindesunterhaltsansprüche der Kläger zu 2) und 3) ist das dem Beklagten anzurechnende Einkommen.
Dieses belief sich gem. der Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 auf 40.482,36 EUR brutto jährlich. Die in der Gehaltsmitteilung ausgewiesenen Abzüge können indessen nicht zugrunde gelegt werden. Zum einen kann der Beklagte lediglich einen Kinderfreibetrag beanspruchen - offenbar sind zwei Kinderfreibeträge eingetragen, weil auch die nunmehrige Ehefrau des Beklagten Kinder hat, zum anderen haben sich aber auch die Sätze für die Arbeitslosenversicherung geändert. Schließlich ist die Steuerbelastung auf Basis der Lohnsteuerklasse 1 zu berechnen und nicht auf Basis der von dem Beklagten und seiner Ehefrau gewählten Steuerklasse 4, da diese offenbar auch selbst verdient, jedenfalls aber unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen ist. Denn die Klägerin zu 1) betreut nach wie vor die minderjährigen Kinder der Parteien und ist von daher unterhaltsrechtlich auf dem 2. Rang des § 1609 BGB einzuordnen, wie an anderer Stelle noch ausgeführt wird, wohingegen die nunmehrige Ehefrau des Beklagten unter § 1609 Nr. 3 BGB fällt.
Es ergeben sich unter Zugrundelegung dieser Prämissen Abzüge für Lohnsteuer von 8.058 EUR, Solidaritätszuschlag von 335,83 EUR, Rentenversicherung von 4.027,99 EUR, Arbeitslosenversicherung von 667,96 EUR, Krankenversicherung unter Berücksichtigung des in der Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 ausgewiesenen Beitragssatzes von 13,9 % 3.177,87 EUR und Pflegeversicherung von 344,10 EUR, so dass dem Beklagten ein jährliches Nettoeinkommen von 23.870,61 EUR verbleibt.
Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sein Gehalt werde sich in Zukunft verringern. Denn aus den von ihm selbst vorgelegten Infoblatt ergibt sich, dass nicht nur eine etwaige Gehaltsminderung für die Dauer von 18 Monaten durch Ausgleichszahlungen aufgefangen wird, sondern auch, dass unter Berücksichtigung anstehender Tariferhöhungen aller Voraussicht nach eine reale Gehaltseinbuße nicht eintreten wird.
Dem Jahresnettogehalt des Beklagten hinzuzurechnen sind schließlich zu erwartende Steuererstattungen, die sich jedenfalls auf den in 2006 erhaltenen Betrag von rund 210 EUR belaufen dürften. Es ergibt sich damit ein Jahresnettogehalt von insgesamt 24.080,61 EUR, monatlich damit 2.006,72 EUR, von dem nach Abzug der 5%igen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen (100,34 EUR) noch 1.906,39 EUR verbl...