Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrecht
Leitsatz (amtlich)
Die gemäss § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO eintretende Erhöhung der Prozessgebühr setzt nicht voraus, dass wegen der Mehrheit von Auftraggebern für den Rechtsanwalt im konkreten Fall messbare Mehrarbeit erwächst. Die Vorschrift ist nicht verfassungswidrig.
Leitsatz (redaktionell)
Die nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO eintretende Erhöhung der Prozessgebühr setzt nicht voraus, dass wegen der Mehrheit von Auftraggebern für den Rechtsanwalt im konkreten Fall messbare Mehrarbeit erwächst.
Normenkette
BRAGO § 6
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 14.11.2001; Aktenzeichen 5 O 343/98) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Düsseldorf vom 14. November 2001 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO. 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegner bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Festsetzung der von den Antragsgegnern an die Antragsteller zu zahlenden Vergütung auf DM 4.178,51 ist nicht zu beanstanden.
Die Antragsgegner wenden sich allein gegen die Erhöhung der Prozessgebühr um 3/10 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO auf insgesamt DM 2.202,70. Entgegen ihrer Auffassung ist diese Erhöhung zu Recht erfolgt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal, wenn er in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig ist. Nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhöht sich die Prozessgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um 3/10. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsteller haben in dem bei dem Oberlandesgericht anhängigen Berufungsverfahren (Az. 10 U 87/00) beide Antragsgegner als Berufungskläger vertreten. Allein deshalb ist die Prozessgebühr um 3/10 zu erhöhen. Es kommt nicht darauf an, ob aufgrund des Umstandes, dass mehrere Auftraggeber vorhanden waren, tatsächlich meßbare Mehrarbeit für die Antragsteller erwachsen ist. Entscheidend ist allein die Anzahl der Personen, für die die Antragsteller tätig geworden sind (vgl. BGH JurBüro 1984, 377 = Rpfleger 1984, 202; BVerwG NJW 2000, 2288; OLG Frankfurt am Main OLGRep. 1993, 187; Saarländisches OLG OLGRep. 1999, 502; von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl. 1999, § 6 Rdn. 3; Hartmann. Kostengesetze, 31. Aufl. 2002, § 6 BRAGO Rdn. 4). Eine Erhöhung ist auch dann vorzunehmen, wenn nur einer der Auftraggeber den Rechtsanwalt informiert und Besprechungstermine wahrgenommen hat (OLG Köln MDR 1988, 155 = JurBüro 1987, 1871; Thüringer OLG OLGRep. 2000, 476). Die abweichende Meinung, wonach eine Erhöhung der Prozessgebühr ausscheidet, wenn eine Mehrbelastung des Rechtsanwalts aufgrund einer Mehrheit von Auftraggebern auf jeden Fall ausgeschlossen ist (vgl. OLG Koblenz JurBüro 1989, 959; JurBüro 1990.1448), ist mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nicht vereinbar.
Die Vertretung mehrerer Auftraggeber führt typischerweise und regelmäßig zu einem erhöhten Aufwand des Rechtsanwaltes (vgl. BGH MDR 1987 912; OLG Frankfurt am Main MDR 1999, 766; OLG Karlsruhe NJW-RR 2000, 658 unter Berufung auf die Beratungen des Deutschen Bundestages). § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO hat den Zweck, der erhöhten Verantwortung und der erhöhten Haftungsgefahr in dem Fall, dass der Rechtsanwalt für mehrere Personen tätig ist, Rechnung zu tragen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 6 BRAGO Rdn. 2).
Diese typische Ausgangslage hat der Gesetzgeber zum Anlass genommen, um allgemein eine Erhöhung der Prozessgebühr dann anzuordnen, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Personen tätig ist. Auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf die Frage, ob in jedem einzelnen Fall Mehrarbeit erwächst, kommt es nicht an.
Die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist entgegen der Auffassung der Antragsgegner mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt. Typisierungen und Pauschalierungen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 78, 214, 227; 82, 126, 151 f; 97, 186, 194; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Art. 3 Rdn. 30 f; Rüfner in Bonner Kommentar zum Grundgesetz. Stand 2001, Art. 3 Rdn. 112). Er darf mithin eine typische Ausgangssituation zum Anlass nehmen, eine allgemeine Regelung zu erlassen. Dass in einem Ausnahmefall möglicherweise keine typische Situation vorliegt, ist hinzunehmen und verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Berechnung der festgesetzten Vergütung ist sachlich und rechnerisch nicht zu beanstanden; insoweit sind Einwendungen nicht erhoben worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die in einem Verfahren gemäß § 19 BRAGO ergangene Beschwerdeentscheidung muss eine Kostenanordnung enthalten. Die erfolglose Beschwerde ist nicht gerichtsgebührenfrei (vgl. von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, a.a.O., § 19 Rdn. 56).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis DM 600,00.
Fundstellen
Haufe-Index 939207 |
JurBüro 2002, 247 |
OLGR Düsseldor... |