Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Parteien für den Fall mangelnder Form eines langfristigen Mietvertrags ihre jeweilige Mitwirkungspflicht zu ergänzender Beurkundung vereinbart, so ist die Kündigung einer Partei erst bei Scheitern der Beurkundung zulässig.
2. Bis dahin verstößt die sich auf den Formmangel berufende Partei gegen Treu und Glauben, wenn sie sich vom Vertrag lösen will.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 25.11.2003; Aktenzeichen 6 O 171/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.11.2003 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.3.2004), an dem er festhält.
I. Hierin hat der Senat folgendes ausgeführt:
"Das LG hat zu Recht offengelassen [ob im vorliegenden Fall die Schriftform des § 566 BGB a.F., der bei Vertragsabschluss galt, gewahrt worden ist. Geht man nämlich zugunsten der Klägerin davon aus, die Form sei wegen unzureichender Bezeichnung und Festlegung der vermieteten Räume nicht eingehalten, mit der Folge, dass der gewerbliche Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und somit vorzeitig kündbar sei, so kann sie sich dennoch auf diesen Formverstoß nicht berufen. Ihre Kündigung ist treuwidrig (§ 242 BGB) und damit unwirksam".
1. Die S GmbH und der Beklagte (im Folgenden auch die Parteien) haben in dem Mietvertrag vom 11.9.1996 unter § 2 Ziff. 4. folgende Vereinbarung getroffen:
"Den Mietparteien ist bekannt, dass wegen der Langfristigkeit des Mietverhältnisses die besonderen gesetzlichen Schriftformerfordernisse der §§ 566 S. 1, 126 BGB einzuhalten sind. Sie verpflichten sich gegenseitig, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um den gesetzlichen Schriftformerfordernissen Genüge zu tun, und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen. Dies gilt nicht nur für den Abschluss des Ursprungs-/Hauptvertrages, sondern auch für Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsverträge".
Ob die Parteien mit dieser Klausel die Schriftform gänzlich zur Disposition gestellt haben, wie die Klägerin meint, kann dahin gestellt bleiben. Zutreffend weist sie jedenfalls darauf hin, dass der Ausschluss des Sonderkündigungsrechts nach § 566 S. 2 BGB unzulässig sein dürfte, weil die Formvorschrift des § 566 BGB a.F. zwingendes Recht darstellt (Voelskow in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 566 Rz. 5, m.w.N.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 566 Rz. 2, ebenso Palandt/Weidenkaff, BGB, 63. Aufl., § 550 Rz. 2; a.A. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 566 BGB Rz. 66). Darum geht es hier jedoch nicht in erster Linie, sondern darum, dass die Klägerin vorrangig verpflichtet ist, auf Verlangen des Beklagten das Schriftformerfordernis des § 566 BGB a.F. einzuhalten. Denn die beanstandete Klausel sieht in erster Linie die Heilung des Formverstoßes und damit der Geltungsdauer des Mietvertrages der Parteien vor. Demgemäß hätte sie auch im eigenen Interesse, etwa zum Schutz von für die gesamte Mietzeit durchgeführten Investitionen, auf einem formgerechten Vertragsabschluss bestehen können. Demgegenüber kann das unwirksame Abbedingen des Kündigungsrechts erst nach dem Fehlschlagen der von einer Seite geforderten Beurkundung Bedeutung gewinnen.
Gegen die formularmäßig festgelegte Pflicht beider Parteien, an einer nachträglich notwendig gewordenen Beurkundung mitzuwirken, bestehen keine Bedenken. Denn dadurch wird dem bei Vertragsschluss zu Tage getretenen Bestreben beider Parteien, den Vertrag erfolgreich durchzuführen, besonders deutlich Ausdruck verliehen und dem Grundsatz "pacta sunt servanda" in noch weit stärkerem Maße als durch eine salvatorische Klausel Rechnung getragen.
2. Im Streitfall kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die fehlende Einhaltung der Form berufen, weil sie ansonsten treuwidrig handeln würde (§ 242 BGB).
a) Sinn und Zweck des § 566 BGB a.F. ist es, einen nach § 571 BGB a.F. in den Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerber zu schützen, indem ihm die Möglichkeit verschafft wird, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Nachrangig soll das Schriftformerfordernis die Beweisbarkeit langfristiger Abreden und eine gewisse Warnfunktion sicherstellen (BGH v. 24.9.1997 - XII ZR 234/95, BGHZ 136, 357 = MDR 1998, 31 = NJW 1998, 58; Emmerich/Sonnenschein, Miete, Handkommentar, 7. Aufl., § 566 BGB Rz. 1, m.w.N.).
Dies schließt allerdings nicht aus, unter den hier vorliegenden Voraussetzungen eine Berufung auf den Formverstoß als treuwidrig zu erachten. Denn trotz des Grundsatzes, dass die Berufung auf einen Formverstoß in der Regel nicht treuwidrig ist (BGH ZMR 2004, 106; ZMR 1963, 82; OLG Düsseldorf NZM 2004, 143; Michalski, WM 1998, 1998 [2008]; Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 566 Rz. 12;...