Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen für die richterliche Anordnung der "Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Betroffenen zum Zweck seiner Ergreifung und zwangsweisen Vorführung bei der Polizei zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen" (§ 42 Abs. 1 PolG NRW), namentlich zur Verhältnismäßigkeit des mit der Zwangsmaßnahme verbundenen Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung (hier verneint mit Blick auf fehlenden Anhalt für einen zuvor gescheiterten Vollstreckungsversuch und eine Absicht des Betroffenen, sich einer Vorführung zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen, insbesondere durch Verborgenhalten in seiner Wohnung, zu entziehen).

 

Normenkette

FamFG § 58 ff.; GG Art. 13 Abs. 1; PolG NW § 10 Abs. 3, § 42 Abs. 1 S. 3, Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Krefeld (Aktenzeichen 23 Gs 950/17)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 26. Juli 2017 (Az. 23 Gs 950/17) wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3 hat auf Erlass eines Beschlusses zum Betreten und Durchsuchen der Wohnung der Beteiligten zu 1 und 2 angetragen, weil bei beiden Beteiligten erkennungsdienstliche Behandlungen durchgeführt werden sollten. Er hat angegeben, auf Vorladungen zur Durchführung dieser Behandlungen aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hätten die Beteiligten mit erneuten Eingaben / Klagen beim Verwaltungsgericht reagiert. Weitere Vorladungen erschienen nicht sachdienlich. Es müsse damit gerechnet werden, dass zu weiteren Vorladungen mit Eingaben beim Verwaltungsgericht reagiert werde und sich dadurch die Durchführung der Maßnahmen verzögere.

Dem Antrag des Beteiligten zu 3 hat das Amtsgericht Krefeld entsprochen und mit Beschluss vom 26. Juli 2017 "die Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume des Betroffenen zum Zweck seiner Ergreifung und zwangsweisen Vorführung bei der Polizei zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen" angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Betroffenen (die Beteiligten zu 1 + 2) seien in der Vergangenheit wegen Betrugs polizeilich in Erscheinung getreten. Jetzt stehe die Betroffene in dringendem Verdacht des Besitzes von geringen Mengen Marihuana und Amphetamin. Die Fertigung aktueller erkennungsdienstlicher Maßnahmen von der Betroffenen sei erforderlich. Es sei zu befürchten, dass "von ihm" weiterhin ähnliche Straftaten ausgingen. Vorladungen der Polizei habe "er" nicht befolgt, so dass die ausgesprochenen Maßnahmen für die Zwecke des Erkennungsdienstes erforderlich seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 22. November 2017. Er macht geltend, der angegriffene Beschluss sei sprachlich und inhaltlich unklar und nicht nachvollziehbar. Aus den Gründen sei ersichtlich, dass Verdachtsmomente gegen "die Betroffene" bestünden, im weiteren Text sei aber von einer männlichen Person die Rede ("von ihm weiterhin ähnliche Straftaten ausgehen werden", "hat er nicht befolgt"). Die Voraussetzungen für die beabsichtigte erkennungsdienstliche Behandlung lägen nicht vor. In dem Antrag des Beteiligten zu 3 werde auf ein lange zurückliegendes Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 2010 verwiesen, das bei dem Beteiligten zu 1 zu einer Verurteilung geführt habe. Im Hinblick auf die Textpassage, der Beteiligte zu 1 stehe im dringenden Verdacht des Besitzes von geringen Mengen Marihuana und Amphetamin, habe ein entsprechendes Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden können.

Einen Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 6. Dezember 2017 hat der Senat mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 (I-3 Wx 261/17) aufgrund eines verfahrensfehlerhaften Abhilfeverfahrens aufgehoben. Mit Beschluss vom 31. August 2018 hat das Amtsgericht der Beschwerde erneut nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 ist dem Oberlandesgericht nach der von dem Amtsgericht erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 FamFG. Der Rechtsweg zum Oberlandesgericht Düsseldorf ist zulässig und die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel ist gegeben, denn bei der angefochtenen Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 PolG NW in Verbindung mit §§ 58 ff. FamFG (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. Januar 2017, 3 Wx 237/16 - zitiert nach juris - und vom 06. Februar 2014, 3 Wx 193/13 = FGPrax 2014, 182).

In der Sache hat die Beschwerde ebenfalls Erfolg.

Ob die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gem. § 81 b 2. Alt StPO gerechtfertigt war, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden. Wehrt sich ein Betroffener gegen die auf Grundlage von § 82 b 2. Alt. StPO getroffene Anordnung zu seiner erkennungsdienstlichen Behandlung, so ist hierfür der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (Senat, Beschluss vom 18. Januar 2017, 3 Wx 237/...

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