Leitsatz (amtlich)
1. Auch die funktionale Ausschreibung untersteht bestimmten Anforderungen und Beschränkungen. Der Auftraggeber muss insoweit selbst planen und die notwendigen Festlegungen treffen, als er die Zuschlagskriterien, das Leistungsziel, die Rahmenbedingungen und die wesentlichen Einzelheiten der Leistung in der Aufgaben- oder Leistungsbeschreibung anzugeben hat.
2. Auch bei VOF-Ausschreibungen gilt derzeit noch das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien.
3. Eine Kostenberechnung hat der Auftraggeber nur bekanntzugeben, wenn sie ihm bereits vorliegt, nicht aber dann, wenn sie Gegenstand der ausgeschriebenen Planungsleistungen ist.
4. Unvollständigkeit des Angebots ist auch bei Ausschreibungen nach VOF ein Ausschließungsgrund, obwohl dies in der VOF nicht normiert ist.
Normenkette
GWB § 70 Abs. 1, § 110 Abs. 1; VgV § 5; VOF § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 4-5, § 20; HOAI 2009 § 6 Abs. 2, §§ 7-8
Verfahrensgang
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Beschluss vom 01.03.2013; Aktenzeichen VK-35/2012-F) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 1.3.2013 (VK-35/2012-F) wird zurückgewiesen.
Der Senatsbeschluss vom 2.4.2013 (VII-Verg 7/13) ist gegenstandslos
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens nach § 118 Abs. 3 Satz 1 GWB werden der Antragstellerin auferlegt. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind davon ausgenommen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 35.000 EUR
Gründe
I. Die Antragsgegnerin, eine Kleinstadt am Niederrhein, plant den schlüsselfertigen Neubau eines Stadtbads nebst Blockheizkraftwerk. Im Juli 2012 schrieb sie dafür "Generalplanungsleistungen" sowie die "Objektplanung nach § 33 HOAI" gemäß den Leistungsphasen 1 bis 3 unionsweit aus. Mit der Planung nach Leistungsphasen 4 bis 9 sollte der Auftragnehmer optionsweise beauftragt werden. Das Beschaffungsvorhaben und der Auftrag wurden in der Bekanntmachung kurz dahin beschrieben:
Der Bäderbetrieb der Stadt ... beabsichtigt den Neubau eines barrierefreien Stadtbades mit einem maximalen Bauvolumen von XXX EUR netto inklusive Nebenkosten/Architektenleistung ...
Gegenstand des Auftrages sind Architektenleistungen als Generalplaner entsprechend HOAI § 33,...
Es sollte ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werden. Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot gemäß den in der Aufforderung zur Verhandlung angegebenen Kriterien ergehen. Die Antragstellerin wurde neben weiteren Planungsbüros zu den Verhandlungen zugelassen.
Mit der Aufforderung zur Verhandlung vom 20.9.2012 übersandte die Antragsgegnerin den Entwurf eines Generalplanervertrags (nebst Anlagen) und die Aufgabenbeschreibung (§ 6 VOF). Innerhalb bestimmter Fristen verlangte sie die Vorlage im Einzelnen benannter Nachweise und Erklärungen, lud zu Verhandlungen am 16.10.2012 sowie zu einem Präsentationstermin ein und gab als Zuschlagskriterien ("Wertungskriterien") bekannt:
1. Fachliche und soziale Kompetenz des Projektverantwortlichen 55 Punkte,
2. Nachweis der wirtschaftlichen und termingerechten Abwicklung von Projekten 35 Punkte,
3. Honorar/Preis 10 Punkte,
Summe 100 Punkte.
Zu diesen Kriterien waren Unterkriterien angegeben.
Gemäß dem Entwurf des Generalplanervertrags (§ 7) sollte die Tätigkeit als Generalplaner (einschließlich von im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu beauftragender Sonderfachleute) mit einer den Mindestsätzen der HOAI entsprechenden Pauschale vergütet werden.
Daneben sollte in Schriftform eine "verbindliche Baukostenvereinbarung" über XXX Euro netto geschlossen werden, worin neben den Kosten für das Blockheizkraftwerk (kalkuliert mit XXX Euro netto) auch die Generalplanervergütung enthalten sein sollte.
Auf die Aufgabenbeschreibung wird verwiesen (Freianlagen und der Abbruch des vorhandenen Hallenbads sollen entsprechend einer Klarstellung der Antragsgegnerin davon nicht umfasst sein).
Unter dem 23.10.2013 übersandte die Antragsgegnerin den Bietern einen aufgrund der Verhandlungen teilweise abgeänderten endgültigen Entwurf des Generalplanervertrags, der Kostenvereinbarung (die nun erst von Leistungsphase 4 an gelten sollte) und der Aufgabenbeschreibung. Zugleich wiederholte sie bereits in der Verhandlungsaufforderung aufgestellte Forderungen, kurz zusammengefasst, u.a.:
- Verbindliche Erklärung der Bieter, den Generalplanervertrag im Fall eines Zuschlags zu unterzeichnen,
- Bekanntgabe einer Honorarforderung durch die Bieter (unterteilt nach Leistungsphasen 1 bis 3 und 4 bis 9).
Die Antragstellerin gab die vorgenannten Erklärungen nicht ab. Sie wurde von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 6.11.2012 deswegen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. Der Vergabeentscheidung zufolge soll die Beigeladene den Zuschlag erhalten.
Unterdessen, und zwar beginnend mit einem Schreiben vom 2.10.2012, erhob die Antragstellerin auf die Aufforderung zur Verhandlung vom 23.9.2012 mehrere Rügen gegen das Vergabeverfahren, zuletzt (und nur insoweit anwa...