Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit erledigt, muss nicht zugleich die Vollstreckung eines Strafrestes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen.
2. Die Vollstreckung des Strafrestes kann gemäß § 67 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 StGB unter den Bedingungen des Maßregelvollzugs in einem psychiatrischen Krankenhaus erfolgen.
Tenor
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund des sogleich rechtskräftig gewordenen Urteils des Landgerichts Essen vom 22. Februar 2005 gemäß § 63 StGB in der LVR-Klinik B. untergebracht, in der er bereits seit dem 8. November 2004 vorläufiguntergebracht war. Das Landgericht hat zudem gegen den Beschwerdeführerwegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und wegen Diebstahls in zwölf Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, sowie wegen Betruges in drei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Die Strafvollstreckungskammer hat am 23. Oktober 2013 entschieden, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fortdauere. Hiergegen wendet sich der Untergebrachte.
II.
1.
Dessen sofortige Beschwerde ist überwiegend begründet. Die Maßregel wargemäß § 67d Abs. 6 Satz 1 Var. 2 StGB für erledigt zu erklären, denn ihr weiterer Vollzug ist nicht mehr verhältnismäßig.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind an die Fortdauer insbesondere langdauernder Unterbringungen in der forensischen Psychiatrie erhöhte - und über den Wortlaut von § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB hinausreichende - Anforderungen zu stellen. So führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 5. Juli 2013 (2 BvR 2957/12, [...] Tz. 26 ff.) aus:
"Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und vertretbaremAusgleich. Dieser lässt sich für die Entscheidungen über die Aussetzung derMaßregelvollstreckung nur dadurch bewirken, dass Sicherungsbelange und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten als wechselseitiges Korrektiv gesehen und im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪311≫). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist daher in die Prüfung der sogenannten Aussetzungsreife der Maßregel nach § 67d Abs. 2 StGB einzubeziehen (integrative Betrachtung). Die dem Richter auferlegte Prognose erfordert einewertende Entscheidung. Die darauf aufbauende Gesamtwürdigung hat die von dem Täter ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪312 f.≫).
Es ist auf die Gefahr solcher rechtswidriger Taten abzustellen, die ihrer Art und ihrem Gewicht nach ausreichen, auch die Anordnung der Maßregel zu tragen; diese müssen mithin 'erheblich' im Sinne des § 63 StGB sein. Die Beurteilung hat sich demnach darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Dabei ist die von dem Untergebrachten ausgehende Gefahr hinreichend zu konkretisieren; der Grad der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten ist zu bestimmen; deren bloße Möglichkeit vermag die weitere Maßregelvollstreckung nicht zu rechtfertigen. Bei allem ist auf die Besonderheiten des Falles einzugehen.
(...) Je länger aber die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhausandauert, umso strenger werde...