Leitsatz (amtlich)
›1. Die Erfolgsaussichten des möglichen Hauptsacheverfahrens sind keine Zulässigkeitsvoraussetzungen für das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Beweisverfahren darf deshalb nicht mit der Begründung verneint werden, ein sich daraus möglicherweise ergebender Gewährleistungsanspruch sei verjährt und deshalb wegen der vom Antragsgegner erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchsetzbar.‹
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 4 OH 18/00) |
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zu Unrecht zurückgewiesen.
Das von der Antragstellerin beantragte selbständige Beweisverfahren soll der Vorbereitung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen angeblich fehlerhafter Dacheindeckung und -isolierung durch die Antragsgegnerin dienen. Ob solche Ansprüche gemäß § 638 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative BGB verjährt und damit möglicherweise nicht mehr durchsetzbar sind, kann im Rahmen dieses Verfahrens dahinstehe.
Zutreffend weist allerdings das Landgericht darauf hin, daß auch ein selbständiges Beweisverfahren nur dann durchzuführen ist, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse glaubhaft macht (vgl. § 985 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Ein derartiges rechtliches Interesse ist nach Satz 2 allerdings bereits dann zu bejahen, wenn das Beweisverfahren der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Bereits hiernach ist jedenfalls das rechtliche Interesse gegeben, denn es besteht immerhin die Möglichkeit, daß die Antragstellerin bei negativem Ausgang des Beweisverfahrens von einem Rechtsstreit absieht.
Das Erfordernis hinreichender Erfolgsaussicht des Hauptprozessses steht darüber hinaus im Widerspruch zu § 987 ZPO, wonach der Antrag auf Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens lediglich die Angabe des Gegners, die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, die Benennung der Beweismittel und die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen, enthalten muß.
Die Prüfung der Erfolgsaussicht des Hauptprozesses machte demgegenüber die dezidierte Darlegung des Streitverhältnisses erforderlich. Dieses zu klären, wozu auch die Prüfung der materiellrechtlichen Wirkungen der Verjährungseinrede gehört, ist grundsätzlich Aufgabe des Hauptsacheverfahrens selbst.
Ebensowenig wie das angerufene Gericht nicht die Erheblichkeit der Beweismittel für den Hauptprozeß zu prüfen hat (OLG Hamm, BauR 1998, 197), kommt es für das Beweisverfahren auf die rechtliche Begründung der verfolgten Ansprüche an. Würde man solches verlangen, liefe dies durch eine Überfrachtung des auf schnelle Ergebnisse zielenden Verfahrens mit Rechts- und Tatsachenfragen dessen Zweck gerade zuwider.
Das Landgericht hätte deshalb den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht mit dem Argument fehlender Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage zurückweisen dürfen.
Da der Antrag im übrigen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß es sinnvoll ist, dem Landgericht die Auswahl des Sachverständigen zu überlassen und eventuelle Vorschüsse anzufordern, war es sachgericht, diesem insgesamt gemäß § 575 ZPO die weiteren Anordnungen zu übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2962383 |
BauR 2001, 128 |
MDR 2001, 50 |
OLGR Düsseldorf 2001, 18 |
OLGR Düsseldorf 2001, 25 |
OLGR Frankfurt 2001, 18 |
OLGR Hamm 2001, 18 |
OLGR Köln 2001, 18 |
KG-Report 2001, 18 |
OLGR-BHS 2001, 18 |
OLGR-CBO 2001, 18 |
OLGR-KSZ 2001, 18 |
OLGR-KS 2001, 18 |
OLGR-MBN 2001, 18 |
OLGR-NBL 2001, 18 |