Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Mandant wegen Trennungsunterhalts noch nach Rechtskraft der Scheidung vollstreckt und wird deswegen später durch Prozessvergleich die Rückzahlung an den früheren Ehegatten vereinbart, so kann dafür die fehlerhafte Beratung seines Rechtsanwalts ursächlich sein, wenn sich der Mandant auf den Wegfall der Bereicherung hätte berufen können (hier verneint).

2. Ein Kostenschaden auf Grund fehlerhafter Beratung bei der Zwangsvollstreckung ist noch nicht wahrscheinlich und als Grundlage einer Feststellungsklage geeignet, wenn nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Rückzahlungsprozess lediglich die abstrakte Gefahr besteht, dass der Mandant von der Landeskasse infolge einer Änderung der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf Zahlung von Prozesskosten in Anspruch genommen wird.

 

Normenkette

BGB §§ 675, 611, 280, 812, 818; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Urteil vom 31.03.2011; Aktenzeichen 10 O 230/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.3.2011 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Mönchengladbach wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 6.000 EUR

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Klägerin bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung.

I. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat zunächst Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 22.9.2011. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus anwaltlicher Pflichtverletzung zu.

Ob die Beklagte zu 1) schuldhaft ihre Pflichten aus dem Anwaltsdienstvertrag gem. §§ 611 ff., 675, 280 f. BGB verletzt hat, indem sie - so die Klägerin - diese nicht hinreichend über die Reichweite des Titels zum Trennungsunterhalt informiert, ihr zum Abschluss des Vergleichs vom 1.10.2009 (13 F 34/09 AG Grevenbroich) geraten und nachehelichen Unterhalt nicht bereits im Scheidungsverfahren oder unmittelbar nach dessen Abschluss geltend gemacht hat, kann der Senat offen lassen. Denn jedenfalls hat die Klägerin, die den Ursachenzusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Beratung und dem bei ihr eingetretenen Schaden darzulegen und zu beweisen hat (vgl. BGHZ 123, 311, 313 ff.; OLG Düsseldorf, AnwBl. 2011, 297), nicht schlüssig dargetan, dass ihr durch eine etwaige defizitäre Beratung ein hierauf adäquat kausal zurückzuführender Schaden entstanden ist.

1. Dadurch, dass die Klägerin auch nach Rechtskraft der Scheidung die Zwangsvollstreckung aus dem wegen Trennungsunterhalts ergangenen Urteil betrieben hat, ist ihr kein Schaden entstanden.

Durch die Vollstreckung hat die Klägerin Geldbeträge erhalten, die ihr materiell-rechtlich nicht zustanden; ein Schaden liegt hierin nicht begründet.

Prozesskosten infolge der Inanspruchnahme auf Rückzahlung sind der Klägerin bislang nicht entstanden. Die lediglich abstrakte Gefahr, von der Landeskasse infolge einer Änderung der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf Zahlung von Prozesskosten in Anspruch genommen zu werden, begründet kein Interesse an der Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten, so dass die Feststellungsklage insoweit schon nicht zulässig ist. Bei reinen Vermögensschäden hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGHZ 166, 84 = NJW 2006, 830; BGHReport 2005, 78, 79; BGH WM 2002, 29, 32; WM 2000, 199, 202). Eine solche ist hier nicht gegeben. Eine Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung zu Lasten der Klägerin ist nur noch innerhalb der nächsten beiden Jahre möglich (vgl. § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO, der Vergleich wurde am 1.10.2009 geschlossen). Dass sich die für die seinerzeitige Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin in absehbarer Zeit wesentlich (§ 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO) ändern könnten, ist nicht ersichtlich.

2. Der Klägerin ist auch sonst durch den Abschluss des Vergleichs in dem Verfahren 13 F 34/09 AG Grevenbroich kein Schaden entstanden.

Ein solcher wäre nur gegeben, wenn die Klägerin tatsächlich nicht zur Rückzahlung des nach Rechtskraft der Scheidung im Wege der Pfändung und Überweisung erhaltenen Trennungsunterhalts verpflichtet gewesen wäre.

a) Grundlage des Rückzahlungsanspruchs war § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klägerin war insoweit, als sie auch nach Rechtskraft der Scheidung noch laufenden Trennungsunterhalt vollstreckt hat, auf Kosten ihres Ehemanns zu Unrecht bereichert.

Dass sie diesem Anspruch mit Erfolg den Einwand des Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) hätte entgegenhalten können, hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB dient dem Schutz des gutgläubig Bereicherten, der das rechtsgrundlos Empfangene im Vertrauen auf das Fortbestehen des Rec...

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