Leitsatz (amtlich)
1. Jeder Wohnungseigentümer in einem Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten und erst später in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäude, dem bewusst sein muss, dass dieses Gebäude ohne Beachtung der erst in späterer Zeit erstellten immissionsbegrenzenden DIN-Normen errichtet wurde, hat bei Veränderungen im Sondereigentum (hier: Austausch von Teppichboden gegen Parkett) den bauseitig bedingten geringen Standart des Gebäudes (hier: beim Trittschall) zu berücksichtigen.
2. Führt die Veränderung des Bodenbelages zu Trittschallbelästigungen in der darunter liegenden Eigentumswohnung und gehen diese unter Berücksichtigung des für den Einzelfall zu ermittelnden besonderen Gepräges des betroffenen Gebäudes über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus, so ist der Störer zur Beseitigung dieser Einwirkungen verpflichtet.
3. Ist der zunächst vorhandene Bodenbelag nicht als ein das ursprüngliche Schallschutzniveau vorprägender Umstand anzusehen (Zufallsausstattung), so kann gleichwohl aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall die Treuepflicht der Wohnungseigentümer es gebieten, den verändernden Eigentümer so zu stellen als ob der ursprünglich vorhandene Bodenbelag für das Schallschutzniveau vorprägend gewesen sei, mit der Folge, dass der verändernde Eigentümer einen bestimmten Grenzwert für den Trittschallschutz einzuhalten bzw. nicht zu unterschreiten hat.
Normenkette
WEG § 13 Abs. 1, §§ 14-15, 21-22, 62 Abs. 1; BGB §§ 242, 1004
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 28.03.2007; Aktenzeichen 25 T 15/07) |
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 290 II 165/04) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen und die den Antragstellern im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Geschäftswert: 5.000 EUR.
Gründe
I. Das Gebäude der eingangs bezeichneten Wohnungseigentumsanlage wurde 1927 errichtet und 1979 in Wohnungseigentum aufgeteilt. Zum Zeitpunkt der Aufteilung war für den "Schallschutz im Hochbau" die DIN 4109 - Ausgabe 1962 zu beachten.
Die Wohnung der Antragsteller liegt unter derjenigen der Antragsgegnerin. Diese erwarb ihr Wohnungseigentum im Jahre 2000 und ließ 2004 in mehreren Zimmern den bis dahin verlegten Teppichboden entfernen und Parkettfußboden verlegen. Hierdurch, so machen die Antragsteller geltend, habe sich der zuvor bestehende Trittschallschutz erheblich verschlechtert.
Auf ihren Antrag hat das AG nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Antragsgegnerin verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass der über dem Parkettboden in den vier Zimmern sowie der Diele ihrer Eigentumswohnung im dritten Obergeschoss des Hauses B. auf die jeweils im zweiten Obergeschoss des Hauses darunter liegenden Zimmer in der Wohnung der Antragsteller einwirkende Trittschall einen Grenzwert von 63 dB - gemessen in der Wohnung der Antragsteller - nicht überschreite.
Die gegen diese Entscheidung von der Antragsgegnerin eingelegte sofortige Beschwerde ist vor dem LG ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsteller entgegentreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Das gem. §§ 62 Abs. 1 WEG, 45 Abs. 1 WEG a.F., §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 22 Abs. 1 FGG als sofortige weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung des LG nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO) beruht.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Antragsteller könnten von der Antragsgegnerin die Herstellung eines Zustandes verlangen, bei dem der Trittschall einen Grenzwert von 63 dB (gemessen in der Wohnung der Antragsteller) nicht überschreite. Zwar gehöre der Bodenbelag in der Wohnung der Antragsgegnerin zu deren Sondereigentum und könne jeder Wohnungseigentümer mit seinem Sondereigentum beliebig verfahren, demgemäß den Bodenbelag durch einen anderen ersetzen. Eine Beschränkung ergebe sich jedoch insoweit, als durch die Änderung den übrigen Wohnungseigentümern ein Nachteil erwachse, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinausgehe. Hierzu gehörten nachteilige Veränderungen des Trittschallschutzes. Die Kammer folge der Auffassung des AG, dass es im Streitfall die Treuepflicht der Wohnungseigentümer untereinander gebiete, dass ein Sondereigentümer, der - wie hier - Jahrzehnte nach Aufteilung des Wohnungseigentums Änderungen am Oberbodenbelag vornehme, sich nicht darauf berufen könne, nach der zum Zeitpunkt der Teilung vorgesehenen Ausstattung des Gebäudes sei auch kein wesentlich besserer Trittschallschutz erreicht worden, als er nunmehr nach der Veränderung vorliege. Entscheidend sei demgegenüber, dass über 25 Jahre lang seit der Aufteilung in der Wohnung der Antragsgegnerin ein Teppichboden vorhanden gewesen sei, möge dieser durch die Voreigentümer oder durch Mi...