Leitsatz (amtlich)
›1. Sich aus der Tätigkeit des Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren ergebende Befangenheitsgründe müssen im selbständigen Beweisverfahren geltend gemacht werden. Im Hauptverfahren können sie nicht mehr geltend gemacht werden.
2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen bestimmt sich nach den Kosten für die Beauftragung eines neuen Gutachters, da Ziel des Befangenheitsantrages die Einsetzung eines neuen Gutachters ist.‹
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 338/99) |
Gründe
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Erfüllung eines Architektenvertrages geltend. Die Beklagten planten und überwachten den Umbau eines Teils des Dienstgebäudes der Klägerin. Es ist streitig, ob an dem Gebäude infolge der Umbauarbeiten Feuchtigkeitsschäden entstanden sind und ob diese, im Falle ihres Vorliegens, auf eine mangelhafte Erbringung der Architektenleistungen zurückzuführen sind. Auf Antrag der Klägerin ist bei dem Landgericht Düsseldorf ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt worden. In diesem Verfahren erstellte der Sachverständige H. am 7. November 1995 ein Gutachten, das den Parteien mit einer Frist zur Stellungnahme binnen zwei Wochen am 14. November 1995 übersandt wurde. Auf Fragen beider Parteien hin fertigte der Sachverständige unter dem 3. Juli 1996 ein Ergänzungsgutachten, das den Parteien mit einer Frist zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen übersandt wurde.
Die Klägerin macht mit der am 4. August 1999 bei Gericht eingegangenen Klage die Zahlung von 219.612,15 DM geltend und beruft sich hierzu auf die Ausführungen des Sachverständigen H. Die Beklagten haben in der Klageerwiderung vom 13. Oktober 1999 den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie begründen ihren Antrag damit, dass der Sachverständige in seinem Gutachten über die Beweisfragen hinausgegangen sei und dass er die Klägerin nach Erstellung des Gutachtens gegen Honorar beraten habe.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 25. Mai 2000, den Beklagten zugestellt am 31. Mai 2000, das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Der Senat hat eine Stellungnahme des Sachverständigen H. eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Sachverständigen vom 6. November 2000 Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß § 406 Abs. 5 ZPO zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
1) Die Beklagten können ihr Ablehnungsgesuch nicht auf Gründe stützen, die sich aus dem Inhalt des Gutachtens und des Ergänzungsgutachtens ergeben. Ob die von ihnen vorgetragenen Umstände überhaupt ein Ablehnungsgesuch rechtfertigen können, kann dahinstehen, weil das Vorbringen der Beklagten verspätet ist, § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Ein Ablehnungsgesuch ist grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen ab der Ernennung des Sachverständigen zu stellen. Ergibt sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus dem Gutachten selbst, dann ist die Partei gehalten, die Ablehnung unverzüglich geltend zu machen. Ist den Parteien eine Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten eingeräumt, dann können die sich aus dem Gutachten ergebenden Ablehnungsgründe nur innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden (vgl. auch Münchner-Kommentar/Damrau, ZPO-Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 406 Rdn. 7 mit weiteren Nachweisen). Die Beklagten haben weder innerhalb der Frist, die im November 1995 zur Stellungnahme zum Gutachten gesetzt worden war, noch innerhalb der Frist zur Stellungnahme zum Ergänzungsgutachten im Juli 1996 Gründe vorgetragen, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen ergeben könnte. Erstmals im Oktober 1999, d.h. mehr als drei Jahre nach Vorlage des Ergänzungsgutachtens machen die Beklagten geltend, aus dem Gutachten ergebe sich eine Voreingenommenheit des Sachverständigen. Nach diesem Zeitablauf ist das Ablehnungsgesuch verspätet.
Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass sie die Befangenheit des Gutachters unverzüglich im Hauptprozess geltend gemacht hätten. Das Ablehnungsgesuch ist nämlich bereits im selbstständigen Beweisverfahren zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf in OLGR 1995, 204; KG in OLGR 1998, 32; Zöller/Greger, ZPO-Kommentar, 21. Aufl., § 406 Rdn. 1; Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, § 19 Rdn. 6). Da sie in dem selbstständigen Beweisverfahren die sich aus dem Gutachten ergebenden angeblichen Befangenheitsgründe nicht geltend gemacht haben, sind sie im Hauptverfahren damit ausgeschlossen.
2) Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, der Sachverständige sei nach Erstellung des Gutachtens für die Klägerin gegen Entgelt tätig geworden. Da dieser Umstand erst nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens eingetreten sein soll, konnten die Beklagten darauf in dem Beweisverfahren keinen Ablehnungsantrag stützen. Ihr Vorbringen in der Klageerwiderung ist daher unverzüglich, auch wenn sie hiervon bereits einige Zeit vor ...