Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussonderungsansprüche der Deutschen Post AG bzgl. Bargeldbeträgen einer in Insolvenz gefallenen Partnerfiliale nach § 47 InsO

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Deutschen Post AG steht hinsichtlich Bargeldbeständen in der Kasse einer in Insolvenz gefallenen Partnerfiliale kein Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO zu, sofern nicht ausdrücklich ein Treuhandverhältnis hinsichtlich vorhandener Bargeldbeträge vereinbart worden ist.

 

Normenkette

InsO §§ 47-48

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 09.12.2009; Aktenzeichen 2 O 259/09)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 9. Dezember 2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve im Beschlussverfahren (§ 522 Abs. 2 ZPO) zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

Der Verhandlungstermin vom 28. Januar 2011 wird aufgehoben.

 

Tatbestand

A.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keine Erfolgsaussicht, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

I. Die Klägerin hat keinen Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO. Dabei kann dahinstehen, ob ein Aussonderungsrecht an den Bargeldbeständen in den Kassen der Partnerfiliale der Insolvenzschulderin bestand. Denn dieses ist jedenfalls durch Einzahlung des Geldes auf das Insolvenzanderkonto untergegangen. Eine Aussonderung setzt voraus, dass die auszusondernden Gegenstände bestimmt oder bestimmbar sind. Sobald vertretbare Gegenstände mit anderem Vermögen vermischt werden, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen, was Treugut ist (vgl. MüKo-InsO/Ganter, Bd. 1, § 47 Rn. 358 a). Eine Aussonderung wegen eines bloßen Geldsummenanspruchs kennt die Rechtsordnung nicht. Mit der Einzahlung fremder Gelder auf ein allgemeines Konto geht ein an dem Geld bestehendes Aussonderungsrecht unter (BGH IX ZR 212/09, Urteil vom 23.9.2010, juris Rn. 14). Der Beklagte hat die Bargeldbestände aus der Partnerfiliale der Insolvenzschulderin einem allgemeinen Insolvenzanderkonto zugeführt. Durch die Einzahlung bzw. in der Folgezeit wurden die Beträge mit anderem Vermögen vermischt, so dass ein eventuelles Aussonderungsrecht jedenfalls untergegangen ist.

II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ersatzaussonderung gemäß bzw. analog § 48 InsO. Nach dieser Vorschrift kann eine Ersatzaussonderung verlangt werden, wenn ein Gegenstand, dessen Aussonderung hätte verlangt werden können, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden ist.

1. Eine analoge Anwendung des § 48 InsO kommt in Betracht, wenn – wie vorliegend – der vorläufige Insolvenzverwalter einen Gegenstand unberechtigt veräußert (MüKo-InsO/Ganter, § 48 Rn. 14).

2. Voraussetzung für eine Ersatzaussonderung wäre, dass es sich bei den Bargeldbeständen in den Kassen der Partnerfiliale der Insolvenzschulderin um Gegenstände gehandelt hat, deren Aussonderung gem. § 47 InsO hätte verlangt werden können.

a) Dies wäre der Fall, wenn der „Partnervertrag” vom 31.10.2003 ein Treuhandverhältnis hinsichtlich dieser Bargeldbestände begründet hat, das der Klägerin ein Aussonderungsrecht gewährt.

Der Begriff des Treuhänders bezeichnet nach allgemeinem Rechtsverständnis eine natürliche oder juristische Person, die von einem anderen oder für ihn von einem Dritten Vermögensrechte zu eigenem Recht erworben hat, diese aber nicht nur in eigenem, sondern zumindest auch in fremdem Interesse ausüben soll. Der Treuhänder erhält danach Vermögensrechte übertragen, von denen er nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung Gebrauch machen darf (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 355). Für die echte Treuhand typisch ist damit, dass sie neben der schuldrechtlichen eine dingliche Komponente aufweist, indem die Rechte an einem Gegenstand auf den Treuhänder verlagert und ihm zugleich in der Weise anvertraut werden, daß er seine Befugnisse nur in einer inhaltlich mit dem Treugeber abgestimmten Art und Weise ausüben darf. Da beide rechtlichen Elemente zusammengehören, ist es verfehlt, das Aussonderungsrecht in Treuhandfällen allein aus der „quasi-dinglichen” Rechtsstellung des Treugebers oder nur aus der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen ihm und dem Treuhänder herzuleiten (BGH IX ZR 75/01, Urteil vom 24.6.2003, Juris Rn. 17).

Nach Sinn und Zweck des § 47 InsO steht ein Aussonderungsrecht nur demjenigen zu, der sich zu Recht darauf beruft, dass der umstrittene Gegenstand zu seinem Vermögen und nicht zu demjenigen des Schuldners gehört. Die Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Jedoch können schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden wertenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuordnung führen. Bei Treuhandgeschäften in dem oben beschriebenen Sinne ist dies deshalb gerechtfertigt, weil der Treuhänder das dingliche Recht von vornherein nur in einer die A...

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