Verfahrensgang
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster (Beschluss vom 13.02.2008; Aktenzeichen VK 29/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 13.2.2008 (VK 29/07) aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Antragstellerin hat die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen.
Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin war im Verfahren vor der Vergabekammer not-wendig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tra-gen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist die Ärztekammer Westfalen-Lippe, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Die Antragsgegnerin schrieb den Druck, Versand und die Anzeigenakquise des Westfälischen Ärzteblatts im offenen Verfahren europaweit aus. Die Auflagenhöhe sollte 38.000 Stück pro Monat betragen. Der Auftrag sollte für drei Jahre erteilt werden. Der geschätzte Auftragswert betrug bis zu 980.000 EUR inkl. Mehrwertsteuer.
Bereits in der dritten oder vierten Woche des Oktober 2007 rügte die Antragstellerin mündlich ggü. der Antragsgegnerin eine Unklarheit der Verdingungsunterlagen hinsichtlich der Anzahl der Seiten, die das Ärzteblatt aufweisen sollte.
Die Antragstellerin, die Beigeladene und ein dritter Bieter gaben Angebote ab.
Mit Schreiben vom 8.11.2007 teilte die Antragsgegnerin mit, der Zuschlag solle auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden. Mit Schreiben vom 9.11.2007 forderte sie die Beigeladene und die Antragstellerin auf, einer Verlängerung der Angebotsfrist bis zum 22.11.2007 zuzustimmen. Die Beigeladene und die Antragstellerin akzeptierten die vorgeschlagene Verlängerung der Bindefrist. Mit Telefaxschreiben vom 22.11.2007 erteilte die Antragsgegnerin dem Angebot der Beigeladenen den Zuschlag. Das Originalschreiben übersandte die Antragstellerin der Beigeladenen per Post. Am 26.11.2007 fand ein Bietergespräch zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen statt. In der Besprechung bestätigte die Beigeladene der Antragsgegnerin den Zugang des Auftragsschreibens und erklärte, den Auftrag zu den Bedingungen ihres Angebots entsprechend den Verdingungsunterlagen auszuführen. Über den Inhalt des Gesprächs erstellte die Antragsgegnerin einen Vergabevermerk. Auf den Inhalt des Vermerks wird Bezug genommen.
Am 26.11.2007 rügte die Antragstellerin in einem Schreiben an die Antragsgegnerin eine nicht eindeutige und unklare Leistungsbeschreibung sowie eine fehlerhafte Wertung der Angebote. Am 28.11.2007 reichte sie einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein, der am selben Tag zugestellt wurde. Am 28.11.2007 bestätigte die Beigeladene den Zugang des am 27.11.2007 eingegangenen Auftragsschreibens vom 22.11.2007. Das Schreiben ging der Antragsgegnerin am 29.11.2007 zu.
Die Vergabekammer gab dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin statt. Sie stellte fest, dass die Verträge vom 22.11. und 26.11.2007 nichtig seien und verpflichtete die Antragsgegnerin, den Auftrag neu auszuschreiben. Zur Begründung führte sie aus: Die Antragsgegnerin sei öffentliche Auftraggeberin i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Es liege eine Finanzierung durch den Staat vor. Der Ärztekammer sei vom Landesgesetzgeber das Recht verliehen, die Höhe der Beiträge durch den Erlass einer Gebührensatzung zu bestimmen und sie im Wege eines Gebührenbescheids bei den Ärzten, ihren Zwangsmitgliedern, zu erheben.
Der Zuschlag vom 22.11.2007 sei der Beigeladenen nicht wirksam erteilt worden, weil die in § 13 Satz 2 VgV vorgesehene 14-tägige Frist im Zeitpunkt der Erteilung des Zuschlags nicht abgelaufen gewesen sei.
Folge man der Behauptung der Antragsgegnerin, dass in einem Gespräch am 26.11.2007 der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen mündlich erteilt worden sei, so fehle die nach § 28 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 VOL/A notwendige umgehende schriftliche Bestätigung. § 28 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 sei eine Formvorschrift i.S.d. § 126 BGB. Die schriftliche Form sei nicht gewahrt, was gem. § 125 BGB zur Nichtigkeit des Vertragsschlusses führe.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags begehrt. Sie macht geltend: Der Vergaberechtsweg sei nicht eröffnet. Sie sei nicht öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB. Das Tatbestandsmerkmal der besonderen Staatsnähe, nämlich der Finanzierung durch den Staat, sei nicht erfüllt.
Der Nachprüfungsantrag sei auch deshalb unzulässig, weil der Vertrag über die Anzeigenakquise, den Druck und den Versand des Ärzteblattes zwischen ihr und der Beigeladenen jedenfalls im Bietergespräch am 26...