Leitsatz (amtlich)
Liegt zwischen der Einreichung des Beschlussanfechtungsantrages bei Gericht und dessen Zustellung ein längerer Zeitraum (hier: mehr als 2 Jahre) und hat der Verfahrenbevollmächtigte des Antragstellers nicht nur nicht auf eine Beschleunigung des Verfahrens hingewirkt, sondern das Verfahren verzögert (fristwahrende Anfechtung; Antragsbegründung erst am Tage der mündlichen Verhandlung vor dem AG), so durfte der Antragsteller mit Blick hierauf und das zwischen den Wohnungseigentümern bestehende Treueverhältnis nicht über einen derart langen Zeitpunkt untätig bleiben, sondern hätte zur Wahrung der Anfechtungsfrist bei Gericht nachfragen und so auf eine Beschleunigung der Zustellung hinwirken müssen.
Normenkette
WEG a.F. § 23 Abs. 4 S. 2; ZPO § 167
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 08.05.2007; Aktenzeichen 19 T 28/07) |
AG Neuss (Aktenzeichen 72 II 256/04) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1. trägt die Gerichtskosten der dritten Instanz und die den übrigen Beteiligten in diesem Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Wert: 75.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Miteigentümer der oben genannten Wohnungseigentumsanlage. Der Beteiligte zu 1. ist Sondereigentümer von vier Wohnungen und einigen Tiefgaragenstellplätzen.
In der Eigentümerversammlung vom 29.9.2004 genehmigten die Versammlungsteilnehmer mehrheitlich die Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2003.
Mit anwaltlichem Fax - Schreiben vom 29.10.2004, 22.26 Uhr, hat der Beteiligte zu 1. mit dem Zusatz "Vorab zur Fristwahrung über Telefax: 02131/289-750" den Antrag vom 29.10.2004 übermittelt:
"Namens und im Auftrag des Antragstellers wird höchstvorsorglich und lediglich fristwahrend TOP 3 - Beschlussfassung der Wohngeldabrechnung 2003 - der Eigentümerversammlung am 29.9.2004 angefochten."
Weiter wird ausgeführt, dass Anträge und Begründung der Anfechtung in einem gesonderten Schriftsatz folgen, bis die Verwaltung die Wohngeldabrechnung 2003 der Wohnungen des Antragstellers übersendet.
Am 18.11.2004 hat das AG von der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. einen Gebührenvorschuss i.H.v. 536,60 EUR angefordert mit dem Zusatz, dass die Zustellung der Antragsschrift erst nach Eingang des Vorschusses erfolge. Ein Kostenvorschuss ging nicht ein. Mit gerichtlichem Schreiben vom 12.4.2005 ist der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1. mitgeteilt worden, dass die Sache ohne Zustellung an die Gegenseite nunmehr weggelegt werde, nachdem ein Kostenvorschuss nicht eingegangen sei. Die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. hat weder die Kostenvorschussanforderung noch das gerichtliche Schreiben vom 12.4.2005 erhalten.
Mit Schreiben vom 16.10.2006 hat sich die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. nach dem Sachstand erkundigt. Ihr wurde das bis dahin vom AG Veranlasste mitgeteilt. Mit Schreiben vom 13.11.2006 bat sie, das Verfahren weiter zu betreiben. Die Zahlung des Gebührenvorschusses habe sie parallel veranlasst. Das AG hat mit Verfügung vom 22.11.2006 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 15.12.2006, 9.30 Uhr bestimmt und den übrigen Beteiligten eine Ablichtung des Anfechtungsantrages zugestellt. In dem Termin, in dem das AG die Sache entschieden hat, ist für den Beteiligten zu 1. niemand erschienen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.12.2006, der bei Gericht am 15.12.2006 eingegangen und dem zuständigen Richter nach dem Termin vorgelegt worden ist, hat der Beteiligte zu 1. seinen Anfechtungsantrag begründet.
Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,
1. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.9.2004, Tagesordnungspunkt 3, Jahresabrechnung 2003, für ungültig zu erklären,
2. die B. GmbH & Co. KG, vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter, zu verpflichten, die Jahresabrechnung 2003 um die Angabe des Bankbestandes jeweils zum 1.1.2003 und 31.12.2003 sämtlicher für die Eigentümergemeinschaft G. geführter Bankkonten und Instandhaltungsrücklagekonten zu ergänzen und die ergänzte bzw. berichtigte Jahresabrechnung der Eigentümerversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen.
Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Das AG hat den Anfechtungsantrag des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Anfechtungsantrag nicht innerhalb der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gestellt worden sei, da die Zustellung des Antrags an die Gegenseite nicht "demnächst" erfolgt sei; die Verzögerung sei dem Beteiligten zu 1. anzulasten.
Der Beteiligte zu 1. hat sofortige Beschwerde eingelegt mit den Anträgen
1. den Beschluss des AG Neuss - 72 II 256/04 - vom 15.12.2006 aufzuheben.
2. den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.9.2004, Tagesordnungspunkt 3, Jahresabrechnung 2003, für ungültig zu erklären,
3. die B. GmbH & Co. KG, vertreten durch ihren gesetzlichen Vertreter, zu verpflichteten, die Jahresabrechnung 2003 um die Angabe des Bankbestandes jeweils zum 1.1.2003 und 31.12.2003 sämtlicher für die Eigentümergemeinschaft G. gefü...