Entscheidungsstichwort (Thema)
Uneinigkeit über richtige Bemessung des Streitwerts. Streitwertheraufsetzung
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.06.2009) |
Tenor
Auf die Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten und der Patentanwälte der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - der Streitwertbeschluss der
4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 16. Juni 2009 teilweise abgeändert. Der Streitwert für die erste Instanz wird anderweitig auf bis zu 2.050.000,00 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf die Differenz zwischen den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz, die aufgrund der angefochtenen Entscheidung angefallen sind, und den Kosten, die bei einem Streitwert von bis zu 30.000.000,00 Euro angefallen wären, festgesetzt.
Gründe
Die im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten sowie der Patentanwälte der Beklagten, mit welcher sie eine Heraufsetzung des vom Landgericht durch Beschluss vom 16. Juni 2009 (Bl. 219 GA) auf 200.000,-- Euro festgesetzten Gebührenstreitwertes auf 30.000.000,-- Euro begehren, ist gemäß - dem für den in der Sache mitwirkenden Patentanwalt entsprechend geltenden (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG/GebrMG, 10. Aufl., § 139 Rdnr. 19 m. w. Nachw.) - § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht im Sinne der §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt. In der Sache hat die Beschwerde teilweise Erfolg. Der vom Landgericht auf 200.000,-- Euro festgesetzte Streitwert ist abändernd auf bis zu 2.050.000,-- Euro festzusetzen. Eine weitergehende Heraufsetzung des Streitwertes kommt nicht in Betracht.
Der Streitwert ist vom Gericht gemäß § 51 Abs. 1 GKG nach freiem Ermessen festzusetzen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse, das der Kläger mit seiner Klage objektiv verfolgt, wobei es auf die Verhältnisse bei Klageeinreichung ankommt (§ 40 GKG).
Ist Gegenstand des Verfahrens - wie meist - ein Unterlassungsanspruch, ist entscheidend, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des beanstandeten patentverletzenden Verhaltens rechnen muss. Die Streitwertfestsetzung hat insoweit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Rechtsschutzziel nicht in einer Sanktion für den oder die bereits vorliegenden, die Wiederholungsgefahr begründenden Verstöße besteht, sondern dahin geht, den Kläger vor künftigen Verletzungshandlungen zu bewahren. Das Interesse an der Rechtsverfolgung richtet sich demgemäß weniger nach dem mit der begangenen Zuwiderhandlung verbundenen wirtschaftlichen Schaden der Partei; ausschlaggebend ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen verbundenen Nachteile. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Klagepatents. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus einerseits die Verhältnisse beim Kläger (wie dessen Umsatz, Größe und Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden geben, andererseits Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität der Begehungs- oder Wiederholungsgefahr. Werden mit der Klage außerdem Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz geltend gemacht, so ist der in der Vergangenheit (bis zur Einreichung der Klage) bereits entstandene Kompensationsanspruch überschlägig zu schätzen und der entsprechende Betrag dem Streitwert für den Unterlassungsanspruch hinzuzurechnen, um einen Gesamtstreitwert zu bilden.
Herrscht - wie hier - Uneinigkeit über die richtige Bemessung des Streitwertes, kann hierbei auch für die Bemessung des Unterlassungsanspruchs eine über die restliche Laufzeit des Patents angestellte Lizenzbetrachtung einen rechnerischen Anhaltspunkt liefern, indem diejenigen Lizenzgebühren ermittelt werden, die dem Kläger mutmaßlich zustehen würden, wenn die Verletzungshandlungen bis zum Ablauf des Klagepatents fortgesetzt werden. Unterhalb des sich hiernach ergebenden Betrages wird der Streitwert für die (auch) auf Unterlassung gerichtete Klage regelmäßig nicht festgesetzt werden können.
Eine solche Lizenzbetrachtung hat der Senat in Streitfällen in der Vergangenheit bereits wiederholt angestellt. Er sieht auch im Hinblick auf die Ausführungen der Beschwerdeführer in ihrem Schriftsatz vom 9. April 2009 keinen Anlass, von dieser Praxis abzurücken. Wie der Streitwert in Streitfällen konkreter und zuverlässiger bestimmt werden könnte, zeigen auch die Beschwerdeführer nicht auf. Sofern sie einwenden, der Gesamtstreitwert könne nicht allein nach einer "Lizenzanalogie" bestimmt werden, weil dieser andernfalls nur einen Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch berücksichtige, übersehen sie, dass gemäß den eingangs erwähnten Grundsätzen betreffend die hier neben dem Unterlassungsanspruch eingeklagten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schade...