Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt: Zeitliche Begrenzung des Trennungsunterhalts
Leitsatz (amtlich)
Auch bei kurzem Zusammenleben der Ehegatten, langer Trennungsdauer, fehlender Betreuung gemeinsamer Kinder und fehlenden ehebedingten Nachteilen kommt eine zeitliche Begrenzung des Trennungsunterhalts nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 1360a Abs. 3, §§ 1361, 1578b, 1613
Verfahrensgang
AG Erkelenz (Urteil vom 10.02.2010) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - Familiengerichts - Erkelenz vom 10.2.2010 abgeändert.
Unter Abänderung des am 14.6.2007 im Verfahren II-7 UF 322/06 OLG Düsseldorf geschlossenen Vergleichs wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen:
Juli bis November 2008: 473 EUR;
Dezember 2008 bis Juni 2009: monatlich 522 EUR; Juli 2009 bis Oktober 2009: monatlich 461 EUR
und ab November 2009: monatlich 460,81 EUR.
Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin 20 % und der Beklagte 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Klägerin begehrt Abänderung des Vergleichs des OLG Düsseldorf vom 14.6.2007 (II- UF 322/06) für den Zeitraum ab Juli 2008.
Das AG hat der Abänderungsklage der Klägerin zum Teil für den Zeitraum bis Dezember 2008 stattgeben und auf die Widerklage des Beklagten hin antragsgemäß festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin ab Januar 2009 keinen Trennungsunterhalt mehr schuldet.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung begehrt die Klägerin eine Abänderung des Vergleichs vom 14.6.2007 dahingehend, dass der Beklagte Trennungsunterhalt ohne zeitliche Beschränkung wie folgt schuldet: von Juli 2008 bis Dezember 2008 monatlich 522,39 EUR, von Januar 2009 bis Juli 2009 monatlich 543,43 EUR, von Juli 2008 bis Oktober 2008 monatlich 510,81 EUR und ab November 2009 monatlich 460,81 EUR. Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. B. Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg.
I. Der Beklagte schuldet der Klägerin bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt in der tenorierten Höhe gem. §§ 1361, 1360a Abs. 3, 1613 BGB.
1. Die Abänderungsklage der Klägerin ist zulässig.
Handelt es sich bei dem abzuändernden Titel, wie hier, um einen Prozessvergleich, erfolgt die in § 323 IV i.V.m. § 794 I Nr. 1 ZPO vorgesehene Anpassung an veränderte Verhältnisse zwar in der Form des § 323 I ZPO. Da aber Geltungsgrund der Vereinbarung ausschließlich der Parteiwille ist, richtet sich die Anpassung inhaltlich allein nach den Regeln des materiellen Rechts, das heißt nach den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsätzen über den Wegfall oder die Veränderung der Geschäftsgrundlage, die zu einer differenzierteren Regelung als der in § 323 I ZPO vorgesehenen führen (vgl. BGH NJW 2001, 3618 ff.). Die Abänderungsklage ermöglicht dabei keine freie Festsetzung des Unterhalts, sondern nur nach Maßgabe der Veränderung derjenigen Tatsachen, die Gegenstand der Unterhaltstitulierung im Vorprozess war.
Für die Zulässigkeit der Abänderungsklagen ist erforderlich, aber auch genügend, dass der Kläger und die Widerklägerin - wenn auch beim Prozessvergleich ohne die zeitlichen Beschränkungen des § 323 II und III ZPO - Tatsachen behauptet, die eine wesentliche Änderung der von den Parteien übereinstimmend zugrunde gelegten und für die damalige Vereinbarung maßgebenden Umstände ergeben und daher nach Treu und Glauben eine Anpassung erfordern.
Sowohl die Klage als auch die Widerklage sind hier zulässig. Beide Parteien berufen sich auf wesentlich veränderte Umstände und tragen entsprechende Umstände vor.
2. Für die Begründetheit der beiderseitigen Abänderungsbegehren kommt es entscheidend darauf an, in welcher Weise der Unterhaltsbedarf der Klägerin zu berechnen ist. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung im Vergleich vom 14.6.2007 gemacht haben.
a) Auf Seiten der Klägerin kann nur das tatsächlich erzielte, vom AG zutreffend angesetzte Einkommen berücksichtigt werden. Die Argumentation des Beklagten, die Klägerin hätte sich nach der Trennung im Jahr 2001 um eine besser bezahlte Arbeitsstelle bemühen müssen, kann keine Berücksichtigung finden. Für den Vergleich vom 14.6.2007 waren die die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden wirtschaftlichen Verhältnissen maßgebend. Diese waren nach den tatbestandlichen Feststellungen des Urteils im Vorprozess 18 F 283/02 AG Erkelenz = 5 UF 215/03 OLG Düsseldorf auf Seiten der Klägerin bestimmt durch deren Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Aufsicht in einer Spielhalle. Diese Feststellungen sind ausweislich des Vergleichswortlautes vom 14.6.2007, das hinsichtlich der Grundlagen auf den Beschluss des 7. Familiensenats vom 30.5.2007 verweist, ausdrücklich auch dem Vergleich vom 14.6.2007 zugrun...