Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 19. November 2019 (VK 1-81/19) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Die Beigeladene trägt ihre Kosten selbst.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.478,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb ab dem 17. Juni 2019 Rahmenvereinbarungen für elf Gewerke an 100 Liegenschaften in 72 Gebietslosen für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022 mit der Option der Vertragsverlängerung um ein Jahr national aus. Ziel des Beschaffungsvorhabens war es, ein Netz von zeitnah verfügbaren regionalen Handwerksbetrieben ("Handwerkerpool") aufzubauen, um diese im Bedarfsfall für Installations- und Instandsetzungsmaßnahmen bis zu einem Auftragswert von EUR 25.000,00 je Einzelauftrag einzusetzen. Der geschätzte Auftragswert für alle elf Gewerke beträgt in allen Gebietslosen EUR ... Mio., den Wert der Maler- und Tapezierarbeiten hatte die Antragsgegnerin in allen Gebietslosen auf EUR .... geschätzt (Bl. 127 d. VKA). Für dieses Gewerk schätzte die Antragsgegnerin in den hier in Rede stehenden Gebietslosen 50 (...) und 100 (Verwaltungszentrum ...) den Auftragswert auf jährlich jeweils EUR ... (vgl. Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für eine Rahmenvereinbarung, Bl. 130 d. VKA).

In der öffentlichen Bekanntmachung hieß es unter lit. d) zur Art des Auftrags: "Ausführung von Bauleistungen". Zu Art und Umfang der Leistung führte die Bekanntmachung unter lit. f) aus:

"Art der Leistung: Maler-Tapezier

Umfang der Leistung: [...] innerhalb dieses Zeitraums von drei Jahren werden Leistungen des Gewerks im gesamten Bundesgebiet innerhalb der jeweiligen Lose in den Liegenschaften der [Antragsgegnerin] abgerufen. Eine Bewerbung ist bei bis zu 5 Losen zulässig."

Die Leistungsbeschreibung, die Teil der Vergabeunterlagen war, enthielt folgenden Hinweis:

"Vergabe nach Losen [...] Gemäß dem Ziel der [Antragsgegnerin] im Einklang mit § 97 Abs. 4 GWB im Zuge der Ausschreibung die Interessen der mittelständischen Unternehmen zu berücksichtigen und zu fördern, erfolgt die Vergabe des Handwerkerpools losweise."

Die Antragsgegnerin verwendete für sämtliche Gebietslose einheitliche Formulare zur Aufforderung zur Abgabe eines Angebots für eine Rahmenvereinbarung, einheitliche Teilnahmebedingungen, einheitliche Besondere Vertragsbedingungen und Zusätzliche Vertragsbedingungen sowie eine einheitliche Leistungsbeschreibung.

Zuschlagskriterien waren der Preis mit einer Gewichtung von 80 % und die Qualität mit einer Gewichtung von 20 %.

Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben jeweils fristgerecht Angebote auf die Gebietslose 50 und 100 ab. Nach Angebotswertung platzierten die Angebote der Beigeladenen in beiden Losen auf dem ersten Rang. Während die Antragstellerin jeweils den niedrigsten Preis geboten hatte, wurde der Beigeladenen in den qualitativen Zuschlagskriterien eine höhere Punktzahl zuerkannt. Hierüber informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. September 2019.

Die Antragstellerin rügte am 2. Oktober 2019 die Fehlerhaftigkeit der Wertung, weil sie aufgrund der Wertungsmatrix davon ausgegangen sei, auch in den qualitativen Zuschlagskriterien die maximale Punktzahl erreicht zu haben. Mit anwaltlichen Rügeschreiben vom 9. Oktober 2019 und 14. Oktober 2019 erhob sie weitere Rügen.

Die Antragstellerin hat, nachdem die Antragsgegnerin den Rügen nicht abgeholfen hatte, am 16. Oktober 2019 einen Nachprüfungsantrag gestellt und beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, der Beigeladenen für die Gebietslose 50 und 100 den Zuschlag zu erteilen, und ihr aufzugeben, die Wertung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zu wiederholen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig sei. Der Schwellenwert für Bauaufträge nach § 106 GWB sei nicht überschritten. Für die Berechnung des Auftragswerts sei nach § 3 Abs. 4 VgV der Wert einer Rahmenvereinbarung auf der Grundlage des geschätzten Gesamtauftragswerts aller Einzelaufträge zu berechnen, die während der Laufzeit dieser Rahmenvereinbarung geplant sei. Der geschätzte Gesamtwert aller Aufträge für die Gebietslose 50 und 100 überschreite den Schwellenwert nicht. Das in den Jahren 2016 bis 2019 beauftragte Volumen aus dem Handwerkerpool habe ca. EUR ... betragen.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 19. November 2019 der Antragsgegnerin unter Zurückweisung des Nachprüfungsantrags im Übrigen untersagt, den Zuschlag zu erteilen, und ihr aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zurückzuversetzen. Der Nachprüfungsantrag sei statthaft, insbesondere sei der maßgebliche Schwellenwert im Sinne von § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB überschritten. Der Nachprüfungsantrag sei auch teilweise begründet, da das...

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