Leitsatz (amtlich)

Zur Ausschließung zweier im Grundbuch als Miteigentümer eines Grundstücksstreifens eingetragener Brüder, von denen der eine 1989 verstorben und der andere im gleichen Jahr von Amts wegen nach nach unbekannt abgemeldet worden ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens, namentlich zur - hier nicht als gegeben angesehenen - Voraussetzung der Verschollenheit des 1933 geborenen Betroffenen, der bewusst durch "Untertauchen" oder "Aussteigen" den Kontakt zu seiner Umgebung abgebrochen hat sowie zum Erfordernis der Darlegung der subjektiven Voraussetzungen eines 30jährigen Eigenbesitzes des Antragstellers an der außerhalb der Einfriedung seiner Grundbesitzung liegenden optisch nicht vom Bürgersteig zu unterscheidenden Parzelle.

 

Normenkette

BGB §§ 872, 927 Abs. 1, § 943; FamFG § 442 ff.; VerschG § 1

 

Verfahrensgang

AG Langenfeld (Aktenzeichen 70 II 34/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000,00 EUR

 

Gründe

I. Die Brüder B. und C. A. waren Eigentümer des im Grundbuch von Stadt 1, Bl. ....., verzeichneten Flurstücks ....., Flur ....., ..... Straße .... Am 28. Februar 1968 erwarb D. D. das Grundstück im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens (Amtsgericht Düsseldorf, Az. 27 K 78/67). Im Mai 1974 veräußerte er es an seine Tochter E. E., die das Grundstück im März 1996 an den Beteiligten zu 1 veräußerte. Im Jahre 2001 wurde das Grundstück in Miteigentumsanteile geteilt und im Grundbuch von Stadt 1, Bl. ..... bis ....., eingetragen. Miteigentümer waren seither die Beteiligten zu 1 bis 3. Mit Schriftsatz vom 7. September 2015 (Bl. 22 d. A.) hat der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 - 3 (ohne nähere Begründung) mitgeteilt, Eigentümer des Grundstücks ..... Str. ..... sei nunmehr ausschließlich der Beteiligte zu 1.

C. A. verstarb am 4. September 1989. B. A. wurde im gleichen Jahr von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet.

Anlässlich einer Bauvoranfrage des Beteiligten zu 1 beim Bauamt der Stadt 1 im September 2004 stellte sich heraus, dass ein straßenseitig vor der Grundstückseinfriedung gelegener, optisch in den Bürgersteig integrierter, ca. 17 m langer und 1 m breiter Grundstücksstreifen (vgl. Foto Bl. 31 d. A.) nicht Bestandteil des Grundstücks der Beteiligten zu 1 bis 3 ist. Vielmehr sind - da dieses im Rubrum näher bezeichnete Grundstück nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung war - als Eigentümer nach wie vor B. und C. A. zu je 1/2 Anteil im Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligten haben im Wege des Aufgebotsverfahrens die Ausschließung der Eigentümer C. und B. A. beantragt und geltend gemacht, das Grundstück befinde sich seit mindestens 30 Jahren in ihrem Eigenbesitz bzw. dem ihrer Rechtsvorgänger. Sie hätten keinen Anhaltspunkt zu der Annahme gehabt, dass das im Rubrum bezeichnete Flurstück nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung gewesen sei. B. A. sei als verschollen anzusehen.

Mit Beschluss vom 3. August 2017 hat das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, B. A. gelte nicht als verschollen i.S. des Verschollenheitsgesetzes. Dieser sei nach Angaben seines Sohnes vor geraumer Zeit bewusst "untergetaucht". Es stehe nicht fest, dass B. A. verstorben sei; dies sei auch nicht aufgrund seines Alters naheliegend, ein Todeserklärungsbeschluss könne nicht vorgelegt werden. Das "Untertauchen" eines Eigentümers sei für dessen Ausschließung nicht ausreichend.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat das Amtsgericht durch weiteren Beschluss vom 16. Oktober 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren nach §§ 927 Abs. 1 BGB, 442 ff. FamFG nicht vorliegen.

Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass B. A. nicht als verschollen i.S.d. § 927 Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m. § 1 VerschG anzusehen ist.

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 VerschG ist verschollen, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne dass Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit zwingend unter Berücksichtigung des Merkmals der Nachrichtenlosigkeit zu gewichten. Von einem Fehlen von Nachrichten im Sinne des Gesetzes ist demnach nur dann auszugehen, wenn über das Schicksal des Betroffenen keine Nachrichten zu erlangen sind, obwohl sie nach Lage des Falles zu erwarten gewesen wären. Es ist deshalb erforderlich, genau zu prüfen, ob der Betroffene nach den feststellbaren Umständen überhaupt die Absicht gehabt hat, Nachrichten zu geben, was vor allem in Fällen des "Untertauchens" oder "Aussteigens" keineswegs gegeben sein muss (Senat MDR 2011, 1046; FamRZ 2002, 339; Schleswig-Holsteinisches OLG F...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge