Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Einschränkung der gewerblichen Nutzung von Teileigentum durch Beschluss der Eigentümerversammlung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, der die nach der Teilungserklärung erlaubte gewerbliche Nutzung eines Teileigentums einschränkt, ist mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 16.04.2003; Aktenzeichen 11 T 4/03)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung und die Entscheidung des AG vom 19.12.2002 werden aufgehoben.

Die Anträge der Antragsteller werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten der drei Instanzen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert: 25.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft H.-Straße 1 in W.

Der Antragsgegner erwarb im Jahr 1990 u.a. Teileigentum an den im Erdgeschoss des Hauses gelegenen Räumen, in denen bis zur Umwandlung des Hauses in Wohnungseigentum 1986 eine Metzgerei betrieben worden war. Der im Zuge der Schaffung von Wohnungseigentum erstellten Teilungserklärung vom 21.4.1986 wurde ein Lageplan beigefügt, in dem die in § 1 der Teilungserklärung als „gewerblich genutzte Räume” bezeichneten Räume als „Laden, Kühlraum, Würzraum, Personalraum, Abstellraum und Putzraum” eingezeichnet worden sind (Bl. 12 Rs d.A.). Der Antragsgegner eröffnete in diesen Räumen einen Weinhandel, der 1993 vom zuständigen Ordnungsamt mit der Möglichkeit der Einrichtung einer „Probierecke” sowie eines Lagers für Flaschenweine genehmigt wurde. Im März 1994 beantragte er die Erlaubnis zum Betrieb einer Speisewirtschaft. In der von ihm eingerichteten Weinstube wollte er zum Wein passende kleinere Imbisse anbieten. Eine erste Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft wurde am 21.4.1995 erteilt. Darin wurde die Erlaubnis zeitlich wochentags auf 18.30 und an den Wochenenden auf 22.00 Uhr beschränkt (Bl. 103 d.A.). Mit Bescheid vom 19.8.1996 (Erlaubnisurkunde Nr. 63, Bl. 107 d.A.) wurde der Betrieb der Weinstube der allgemeinen Sperrzeit von 1.00 Uhr bis 7.00 Uhr unterstellt. Die für die Erteilung der Schankerlaubnis erforderlichen Herrentoiletten richtete der Antragsgegner in einem Hinterhaus ein (in der Teilungserklärung mit Nr. 6 bezeichnet und ebenfalls dem Antragsgegner gehörend), das über den im Gemeinschaftseigentum stehenden Hof des Wohnhauses zu erreichen ist. Sondernutzungsrechte an der Hoffläche sind nur im Rahmen des § 5 der Teilungserklärung, auf dessen Inhalt (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen wird, eingeräumt worden.

In der Eigentümerversammlung am 28.4.2000 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 11 mehrheitlich:

„Der Hof ist für Erholungszwecke (Kinderspiele, Sonnenbaden, Grillen und gemütliches privates Beisammensein) zu nutzen und in keiner Weise zur Lagerung oder geschäftlicher Nutzung zu gebrauchen.”

In der Eigentümerversammlung vom 28.3.2002 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 10 mehrheitlich:

„Da das Betreten des Hofes durch die Gäste des Ladenbesitzers Herrn S. eine geschäftliche Nutzung darstellt und außerdem eine Beeinträchtigung der Hofnutzung der anderen Eigentümer darstellt, untersagt die Eigentümergemeinschaft mit sofortiger Wirkung das Betreten des Hofes für Kunden des Herrn S.

Der Verwalter wird von den Eigentümern ermächtigt, alle notwendigen gerichtlichen Schritte zu unternehmen, um diesen Beschluss durchzusetzen.”

Zu TOP 9 enthält das Protokoll Folgendes:

„… Die Teilungserklärung sieht klar einen Laden vor.

Es wird daher abgestimmt, ob im Laden und den dazugehörigen Räumen eine Schank- und Speisewirtschaft betrieben werden darf und somit eine Nutzungsänderung erlaubt wird.

Das Abstimmungsergebnis: 2 ja (S., J.), 2 nein (K.T.). Da eine Nutzungsänderung einstimmig beschlossen werden muss, ist der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft im Laden und den dazugehörigen Räumen nicht erlaubt.

Beschluss: Die Teilungserklärung sieht klar einen Laden vor. Der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft im Laden des Gebäudes H.-Straße ist eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Da diese Genehmigung von der Eigentümergemeinschaft nicht einstimmig erteilt wurde, hat der Besitzer des Ladens und der dazugehörigen Räume den Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft ab sofort zu unterlassen.

Der Verwalter wird von den Eigentümern ermächtigt, alle notwendigen gerichtlichen Schritte zu unternehmen, um diesen Beschluss durchzusetzen.

Abstimmungsergebnis: Dieser Beschluss wurde mit 2 ja- (K.T.) und zwei nein-Stimmen (S., J.) gefasst.

Lt. § 25 Abs. 5 WEG ist ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäftes mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft.

Somit ist der Beschluss wirksam, da Herr S. nicht stimmberechtigt ist …”

Die vorgenannten Beschlüsse sind nicht angefochten...

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