Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.02.2007) |
Tenor
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 23. kleinen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 7. Februar 2007 wird als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe
Das Amtsgericht hat die Angeklagte wegen Diebstahls (von Modeschmuck im Wert von rund 179 Euro in einer hiesigen C & A-Filiale) zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht hat die Berufung der Angeklagten nach erneuter Beweisaufnahme als unbegründet verworfen. Die Revision der Angeklagten hat keinen Erfolg, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.
1.
Zu erörtern ist nur die Verfahrensrüge, die schon deshalb ordnungsgemäß erhoben ist, weil der beanstandete Vorgang sich vollständig aus dem Urteil ergibt. Dort heißt es im Anschluss an die Würdigung der Aussage des vernommenen Ladendetektivs und sonstiger belastender Umstände:
"Die den Feststellungen entsprechenden Ausführungen des Zeugen ......... werden im Übrigen auch durch die Videoaufzeichung über das Verhalten der Angeklagten bestätigt, deren Auswertung durch Verlesung des hierüber gefertigten Vermerks vom 29. November 2005 (Blatt 8 der Gerichtsakte) gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO in die Berufungshauptverhandlung eingeführt wurde".
Das beanstandet die Angeklagte zutreffend als rechtsfehlerhaft. Eine solche Verfahrensweise verstößt gegen das "Gebot bestmöglicher Sachaufklärung", das im Strafverfahrens- und Strafvollstreckungsrecht Verfassungsrang hat und einfach-rechtlich in §§ 244 Abs. 2, 250 Satz 2 StPO zum Ausdruck kommt (BVerfGE 57, 250, 277; 70, 297, 309; BVerfG NJW 2003, 2444, 2445; NJW 2007, 1933 [102, 108]; 2 BvR 2122/03 vom 17. September 2004 ≪Juris≫; BGHSt 46, 73, 79; 50, 41, 48; BGH, 4 StR 345/06 vom 4. April 2007, Rdnr. 21 aE ≪bundesgerichtshof.de≫):
a)
Nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO können Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben, in der Hauptverhandlung verlesen werden. Die durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 eingefügte Vorschrift dient der Entlastung der Strafverfolgungsbehörden und der Hauptverhandlung. Sie betrifft "Protokolle und Vermerke über Routinevorgänge, wie Beschlagnahme, Spurensicherung, Durchführung einer Festnahme, Sicherstellungen, Hausdurchsuchungen etc.", bei denen der Polizeibeamte "ohnehin in der Hauptverhandlung kaum mehr als das bekunden kann, was in dem Protokoll bereits schriftlich festgelegt ist", und soll vermeiden, dass "insbesondere ein Polizeibeamter, dessen Tätigkeit auch nur zu einer Indiztatsache im Prozess beiträgt, als Zeuge aussagen muss (BT-Drs. 13/4541, Seite 22; BR-Drs. 378/03, Seite 61).
b)
Gemäß dem ausdrücklich erklärten (aaO) Willen des Gesetzgebers sollte weder die Aufklärungspflicht des Gerichts eingeschränkt - was von Verfassungs wegen auch problematisch wäre - noch die differenzierte Regelung der §§ 251 ff StPO außer Kraft gesetzt werden. Nach wie vor "darf das Gericht sich bei der Auswahl unter mehreren Beweismitteln regelmäßig nicht damit begnügen, den mit der Gefahr größerer Unzuverlässigkeit behafteten sachferneren Beweis zu erheben, sofern qualitativ bessere Beweismittel zur Verfügung stehen. Vielmehr hat das Gericht bei der Erforschung einer Straftat und bei der Ermittlung der für Schuld und Strafe maßgebenden Tatsachen in die erkenntnismäßig bestmögliche Sachnähe zu den Tatsachen zu treten, die für Unrechtstatbestand, Schuld und Sanktionen beweisrelevant sind" (BVerfGE 57, 250, 277). § 244 Abs. 2 StPO verpflichtet den Tatrichter demnach in aller Regel, sich des sachnächsten Beweismittels zu bedienen und dieses Beweismittel in der nach den Gegebenheiten bestmöglichen Form zu verwenden (BGHSt 46, 73, 79).
c)
Eine hinreichend deutliche Videoaufzeichnung des Lebensvorgangs, den es zu beurteilen gilt, ist unter dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Sachaufklärung ein "Glücksfall", denn sie ermöglicht es dem Richter, sich mit eigenen Augen - gleichsam als Augenzeuge - ein Bild vom Tathergang zu machen. Ein anschaulicheres Beweismittel ist kaum denkbar. Damit liegt auf der Hand, dass die Strafkammer sich nicht mit der Verlesung des Vermerks - eines in doppelter Hinsicht "mittelbaren" (BVerfGE 57, 250, 276) Beweismittels: schriftliche Erklärung eines Zeugen, der berichtet, was sein Augenschein ergeben hat - begnügen durfte, sondern die Videoaufzeichnung selbst in der Hauptverhandlung durch Abspielen in Augenschein nehmen musste. Davon abgesehen lag schon fern, den - wenn auch durch technische Aufzeichnung vermittelten - Augenschein eines Polizeibeamten vom Tathergang als Routinevorgang im Zuge der Ermittlungshandlungen einzustufen und deshalb den Gebrauch eines ersetzenden Beweismittels in Erwägung zu ziehen.
2.
Der aufgezeigte Rechtsfehler führt aber nicht zur Aufhebung des Urteils, w...