Leitsatz (amtlich)
Verhindert ein Kraftfahrzeugführer durch stetiges Fahren auf dem linken Fahrstreifen einer Bundesautobahn, dass er von einem nachfolgenden Fahrzeug überholt wird, so kann dies den Tatbestand der Nötigung erfüllen. Das ist allerdings nicht bereits bei jedem planmäßigen Verhindern des Überholtwerdens, sondern nur dann der Fall, wenn erschwerende Umstände mit so besonderem Gewicht hinzutreten, dass dem Verhalten des Täters der Makel des sittlich Mißbilligenswerten, Verwerflichen und sozial Unerträglichen anhaftet. Solche Umstände sind etwa das absichtliche Langsamfahren und plötzliche Linksausbiegen, das beharrliche Linksfahren auf freier Autobahn mit nur mäßiger Geschwindigkeit, um ein Überholen zu verhindern, sowie die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Krefeld hat den Angeklagten am 26. Februar 1999 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 180, -- DM verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer durch das angefochtene Urteil verworfen.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge (vorläufigen) Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
II.
Die Strafkammer hat festgestellt:
"Am 25. 05. 1997, einem Sonntag, befuhr der Angeklagte kurz nach 10. 00 Uhr mit dem Pkw der Marke BMW aus der 5-er Reihe, amtliches Kennzeichen DU, Farbe: schwarz, die Bundesautobahn 57 von der Bundesstraße 288 kommend ab Auffahrt Krefeld-Zentrum in nördlicher Richtung. Auf dem Beifahrersitz befand sich seine Lebensgefährtin, die Zeugin W G.
Die Autobahn war zu diesem Zeitpunkt wenig befahren.
Der Angeklagte benutzte den linken Fahrstreifen. Er fuhr dort mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h, obwohl er bei dem geringen Verkehr auch den rechten Fahrstreifen hätte benutzen können und müssen. Insbesondere war die Benutzung des linken Fahrstreifens nicht erforderlich, da er keine Fahrzeuge überholte.
Von hinten näherte sich der Pkw Citroen Kombi, amtliches Kennzeichen D der von der Zeugin P S gesteuert wurde. Beifahrerin war die Zeugin E, auf dem Rücksitz befand sich die Tochter D S.
Die Zeugin S benutzte ebenfalls den linken Fahrstreifen. Sie wollte zügig weiterfahren und das Fahrzeug des Angeklagten überholen. Die drei Frauen beabsichtigten, in M die an diesem Tage stattfindende Geburtstagsfeier des geschiedenen Ehemannes der Zeugin S zu besuchen. Sie hatten es eilig, zu diesem Termin zu gelangen. Um ihre Absicht des Überholens anzuzeigen und den Angeklagten zu veranlassen, auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln, was ohne weiteres möglich gewesen wäre, blinkte sie mit dem linken Blinker.
Der Angeklagte wechselte jedoch nicht auf den rechten Fahrstreifen. Über eine Strecke von mindestens zwei Kilometern verhinderte er auf diese Weise, daß er - ordnungsgemäß - überholt würde. Dies war ihm bewußt.
Die Zeugin P S nahm sodann im Rückspiegel wahr, daß sich ein grüner Audi Coupe auf dem linken Fahrstreifen mit erheblicher Geschwindigkeit näherte. Dieses Fahrzeug wurde von dem Zeugen L gesteuert.
P S wechselte sodann auf den rechten Fahrstreifen, weil sie hoffte, das zügig herannahende Fahrzeug werde den Angeklagten veranlassen, nun endlich auf den rechten Fahrstreifen zu wechseln.
Diese Hoffnung trog indessen.
Der Zeuge L schloß zwar auf das Fahrzeug des Angeklagten auf. Entsprechend dessen Geschwindigkeit mußte auch er seine Geschwindigkeit auf etwa 100 km/h, zeitweise im Bereich einer Größenordnung von 20 km/h schneller oder langsamer, herunter führen. Er setzte auch den Blinker links, um seine Überholabsicht anzuzeigen. Der Angeklagte befuhr jedoch weiterhin den linken Fahrstreifen, obwohl er das Fahrzeug des Zeugen L wahrgenommen hatte und obwohl ihm ein Herüberwechseln auf den rechten Fahrstreifen ohne weiteres möglich gewesen wäre. Der Zeuge L fuhr bei einem Abstand von etwa zwei Autolängen etwa zwei Kilometer hinter dem Angeklagten her. Die Zeugin S steuerte in dieser Zeit ihr Fahrzeug zunächst auf dem rechten Fahrstreifen. Nachdem sie erkannt hatte, daß der Angeklagte weiterhin auf dem linken Fahrstreifen blieb, überholte sie diesen rechts und setzte sodann zügig ihre Fahrt fort. Sie fuhr an der Autobahnausfahrt Moers-Kapellen vorbei und weiter in nördliche Richtung bis zur Abfahrt Moers-Zentrum.
Der Zeuge L holte nunmehr eine kleine Fotokamera, eine sogenannte "quick snap" hervor und fertigte zwei Fotos von dem vor ihm fahrenden Fahrzeug des Angeklagten. . . (Es folgt eine Beschreibung des ersten Lichtbildes mit der Nr. 10).
Nachdem der Zeuge L nach etwa 2 km auf den rechten Fahrstreifen übergewechselt war, fertigte er ein weiteres Foto. . . (Es folgt eine Beschreibung dieses Fotos).