Leitsatz (amtlich)

Der Einwand, bei der Ermittlung der Umlaufrendite müssten Wertpapiere mit einer mittleren Restlaufzeit von über sieben Jahren herangezogen werden, weil sonst unberücksichtigt bliebe, dass die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Anlagegüter überwiegend Zeiträume von wenigstens 20 Jahren überschreite, ist unbegründet. Die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Kapitalmarktstatistik umfasst Wertpapiere mit einer Laufzeit bis zu über 55 Jahren. Damit wird gerade die geforderte langfristige Kapitalbindung abgebildet.

 

Normenkette

EnWG § 21 Abs. 2 S. 1; StromNEV/GasNEV § 7 Abs. 4; StromNEV/GasNEV § 7 Abs. 5

 

Verfahrensgang

Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur (Beschluss vom 31.10.2011; Aktenzeichen BK4-11-304)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.12.2018; Aktenzeichen EnVR 48/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur vom 31.10.2011 -Az.: BK4-11-304- insoweit aufgehoben, als die Festlegung nach Tenorziffer 2 unter dem Vorbehalt des Widerrufs steht.

Die Beschwerde gegen die unter Tenorziffer 1 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31.10.2011 (Az.: BK4-11-304) für die Dauer der zweiten Regulierungsperiode vorgenommene Festlegung der Eigenkapitalzinssätze wird zurückgewiesen.

Die Betroffene trägt zwei Drittel der gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur, die ein Drittel der gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Betroffenen zu tragen hat. Ausgenommen von dieser Kostenverteilung sind die durch die Einholung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen A. und durch seine Anhörung entstandenen Kosten. Diese Kosten trägt die Betroffene vollständig.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 150.000 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festlegung der Eigenkapitalsätze von Netzbetreibern für die zweite Regulierungsperiode (Gas ab dem 01.01.2013, Strom ab dem 01.01.2014) durch die Bundesnetzagentur.

Die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur veröffentlichte durch Mitteilung auf ihrer Internetseite und in ihrem Amtsblatt 18/2011 am 14.09.2011 die Einleitung des Verfahrens nach § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 7 Abs. 6 StromNEV bzw. GasNEV. Zugleich veröffentlichte die Beschlusskammer den Entwurf eines Festlegungstextes auf der Internetseite der Bundesnetzagentur sowie das zuvor in ihrem Auftrag von Frontier Economics erstellte "Wissenschaftliche Gutachten zur Ermittlung des Zuschlages zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer Wagnisse im Bereich Gas". Sie gab den betroffenen Marktteilnehmern im Rahmen einer Konsultation die Möglichkeit zur Abgabe von Stellungnahmen bis zum 15.10.2011. Insgesamt gingen rund 130 Stellungnahmen von Netzbetreibern, Verbänden, Netznutzern und Investmentgesellschaften bei der Beschlusskammer ein.

Die Bundesnetzagentur legte sodann durch Tenorziffer 1 des angefochtenen Beschlusses vom 31.10.2011 (BK 4-11-304) für die zweite Regulierungsperiode in der Anreizregulierung für die Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen die Eigenkapitalzinssätze für Neuanlagen auf 9,05 % vor Steuern und für Altanlagen auf 7,14 % vor Steuern fest. Nach Tenorziffer 2 steht die Festlegung unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

Der vorgenannte Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen von 9,05 % ergibt sich gemäß Beschluss der Bundesnetzagentur (Ziff. II. B) der Gründe, S. 3) auf Basis des mit einem Steuerfaktor von 1,224 multiplizierten Eigenkapitalzinssatzes nach Steuern von 7,39 %. Den Eigenkapitalzinssatz nach Steuern ermittelte die Bundesnetzagentur ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses unter Zugrundelegung der Vorgaben des § 7 Abs. 4 und Abs. 5 StromNEV/GasNEV als Summe des auf die Kalenderjahre 2001-2010 bezogenen Durchschnitts der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Jahreswerte der Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere inländischer Emittenten (nachfolgend "Basiszinssatz") in Höhe von 3,80 % (Ziff. II. C)I.1, S. 4 ff. der Gründe) zuzüglich eines Zuschlags zur Abdeckung netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse (nachfolgend "Wagniszuschlag") i.H.v. 3,59 %. (Ziff. II. C)I. 2, S. 6 ff. der Gründe). Der Eigenkapitalzinssatz nach Steuern hat sich im Vergleich zu ersten Regulierungsperiode (01.01.2009 bis 31.12.2012 (Gas) bzw. 31.12.2013 (Strom)) von 7,82 % auf 7,39 % vermindert. Dies ist auf einen Rückgang des Basiszinssatzes von 4,23 % auf 3,80 % zurückzuführen. Der Wagniszuschlag beträgt wie auch in der ersten Regulierungsperiode 3,59 %. Zwar hatte die Bundesnetzagentur in ihrem Beschlussentwurf zunächst noch den Mittelwert einer vom Gutachter Frontier Economics nach dem Capital Asset Pricing Modell (CAPM) anhand von Kapitalmarktdaten abgeleiteten Bandbreite von Wagniszuschlägen (Stichtag 31.12.2010) in Höhe von 2,90 % angesetzt. Nach Auswertung der im Rahmen des Konsultationsverfahrens eingegangenen Stellungna...

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