Leitsatz (amtlich)
1. Nur der aufgrund von exogenen Vorgaben erforderliche Austausch von Graugussleitungen, deren gewöhnliche wirtschaftliche Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen war, nicht dagegen der außergewöhnlich hohe Anteil an bereits ausgetauschten und noch auszutauschenden Graugussleitungen in einem Gasverteilernetz kann eine Besonderheit der Versorgungsaufgabe i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 ARegV darstellen.
2. Der Nachweis der durch einen vorzeitigen Austausch von Graugussleitungen verursachten Mehrkosten setzt voraus, dass der Netzbetreiber den kausalen Zusammenhang zwischen den auf den Austausch der Graugussleitungen entfallenden tatsächlichen Kosten und der Notwendigkeit des vorzeitigen Austausches nachweist. Dazu ist erforderlich, dass das Alter der ausgetauschten Leitungen nachgewiesen wird und neben den ersparten Aufwendungen auch diejenigen Kosten in Abzug gebracht werden, die bei einem Austausch der Leitungen nach Ablauf ihrer regulären Nutzungsdauer ohnehin angefallen wären.
3. Eine über dem Durchschnitt der Netzbetreiber liegende Anzahl von Zählpunkten in einem Gasverteilernetz stellt eine nach § 15 Abs. 1 S. 1 ARegV in der derzeit geltenden Fassung vom 29.10.2007 relevante Besonderheit dar. Die Ausführungen im Beschluss des Bundesrates vom 5.7.2013 zu der dort vorgeschlagenen Änderung des § 15 Abs. 1 S. 1 ARegV (BR-Drucks. 447/13, Bl. 28), der Verordnungsgeber habe den sachlichen Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 ARegV auf außergewöhnliche strukturelle Unterschiede beschränken wollen, sind als nachgeschobene Rechtsauffassung im Rahmen der genetischen Auslegung zur Ermittlung des vom Verordnungsgeber 2007 Gewollten nicht maßgebend.
4. Den sich aus der Entscheidung des BGH vom 9.10.2012, EnVR 88/10, ergebenden Vorgaben zum Nachweis derjenigen Mehrkosten, die gerade dadurch entstehen, dass die Anzahl der Messstellen pro Ausspeisepunkt über dem Durchschnitt liegt, genügt der Netzbetreiber, indem er bei den Kosten für Messstellenbetrieb und Messung mengenabhängige (variable) und mengen-unabhängige (fixe) Kosten unterscheidet und die Mehrkosten ausschließlich auf der Basis der mengenabhängigen Kosten unter Zugrundelegung des konkreten Mengengerüstes berechnet. Dabei ist er nicht gehalten, zwischen den Messstellen in Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern zu differenzieren.
Verfahrensgang
Beschlusskammer (Beschluss vom 19.12.2008; Aktenzeichen BK 9-08/867) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Beschlusskammer 9 der gegnerischen Bundesnetzagentur vom 19.12.2008 - BK 9-08/867 - aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, einen Festlegungsbeschluss mit Wirkung zum 1.1.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 60 % der Betroffenen und zu 40 % der Bundesnetzagentur auferlegt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird
bis zum 1.9.2010 auf bis zu ... Euro,
bis zum 24.1.2012 auf bis zu ... Euro,
bis zum 29.5.2012 auf bis zu ... Euro,
sodann auf bis zu ... EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz ..., an das mehr als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Mit Beschluss vom 30.5.2008 hatte die Bundesnetzagentur auf der Grundlage einer Kostenprüfung, die auf den Daten des Geschäftsjahres 2006 beruhte, Höchstnetzentgelte befristet bis zum 31.12.2008 genehmigt.
Im Jahr 2008 leitete die Bundesnetzagentur von Amts wegen ein Verfahren zur Bestimmung der Erlösobergrenzen ein. Mit Blick darauf hatte die Betroffene bereits am 28.3.2008 die Einbeziehung eines pauschalierten, kumulierten Investitionszuschlages beantragt. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelte sie erforderliche Daten und Informationen; des Weiteren hatte sie Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Erlösobergrenzenfestsetzung zu äußern. Mit Stellungnahmen vom 8.10. und 10.11.2008 beantragte die Betroffene unter Hinweis auf die Dimension der vorhandenen Grauguss-Leitungen und die erforderliche Grauguss-Sanierung, das Verhältnis von durchschnittlich ... Messstellen pro Ausspeisepunkt, das Vorhandensein einer parallelen Fernwärmeversorgung und die Notwendigkeit des vermehrten Bodenaustausches eine Bereinigung des Effizienzwertes gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 ARegV. Zudem rügte sie im Rahmen ihrer Stellungnahmen, das sich aus der Entgeltgenehmigung ergebene Ausgangsniveau müsse mit Blick auf die Erkenntnisse der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berücksichtigungsfähigkeit verschiedener Kostenbestandteile korrigiert werden.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 19.12.2008 hat die Bundesnetzagentur die Erlösobergrenzen für die erste 4-jährige Anreizregulierungsperiode festgelegt, wobei sie einen Effizienzwert der Betroffenen von ... % zugrunde legte. Den pauschalierten Investitionszuschlag hat sie i.H.v. 1 % pro Kalenderjahr der ersten Regulierungsperiode anerkannt und den weiter geh...