Leitsatz (amtlich)
Wenn der Mieter eines kleinen Lkw mit einer Höhe von 3,50 m unter Missachtung des Zeichens 265 nach § 41 StVO, das auf eine Höhenbegrenzung von 2,60 m hinweist, in eine offene Parkgarage einzufahren versucht, handelt er im Zweifel grob fahrlässig.
Beruht sein Fehlverhalten in erster Linie darauf, dass er sich nicht hinreichend mit den Abmessungen des Fahrzeugs vertraut gemacht und diese verinnerlicht hatte, weshalb er deshalb in der konkreten Verkehrssituation (fremdes Fahrzeug, nicht bekannte Örtlichkeit) überfordert war und kann ihm nur ein kurzfristiges, momentanes Versagen vorgeworfen werden, weil er ein ihm nicht vertrautes Fahrzeug nur für einen Tag gemietet hat, nähert sich der zu beurteilende Fall in der Bandbreite der Fälle, die als grob fahrlässig anzusehen sind, eher der Grenze der einfachen Fahrlässigkeit an als dem bedingten Vorsatz. In entsprechender Anwendung der Grundsätze des § 81 Abs. 2 VVG erscheint dann - bei einer in Anlehnung an die Grundsätze einer Vollkaskoversicherung geregelten Haftung - eine Haftungsquote des Mieters von unter 50 % (hier: 40 %) angemessen.
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 101/11) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der für den 23.10.2012 geplante Senatstermin entfällt.
Gründe
I. Der Beklagte hatte von der Klägerin am 18.10.2010 einen "Klein-Lkw M." gemietet. Der hinter dem Führerhaus befindliche "Koffer" war ein kastenförmiger Aufbau, mit dem das Fahrzeug eine Höhe von 3,50 m erreichte. In den Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin ist geregelt, dass diese den Beklagten als Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung ( EUR 750,-) zzgl. einer Kostenpauschale ( EUR 29,50) bei Schäden am Mietfahrzeug freistellt. Ferner ist darin festgelegt, dass der Mieter, wenn er einen Schaden grob fahrlässig verursacht, in einem der Schwere seines Verschuldens entsprechenden Verhältnis haftet.
Der Beklagte, der gewöhnlich keine vergleichbar großen Fahrzeuge steuert, fuhr am Tag der Anmietung nach Aachen zu einem dort befindlichen Verbrauchermarkt, den er an diesem Tag zum ersten Mal besuchen wollte. Er beabsichtigte, in die ebenerdig zu befahrende, offene Parkgarage einzufahren. Diese hatte keine Außenwände, sondern bestand aus Stützpfeilern mit dazwischen gelegenen Zufahrtsmöglichkeiten. Oberhalb dieser Zufahrtsmöglichkeiten waren jeweils Zeichen 265 nach § 41 StVO angebracht, die auf eine Höhenbegrenzung von 2,60 m hinwiesen. Der Beklagte missachtete die Warnzeichen und versuchte mit dem Lkw, in dessen Innenraum sich kein Hinweis auf die Aufbauhöhe befand, in das Parkhaus einzufahren. Dabei stieß er mit dem Kofferaufbau gegen die Decke, was zu einer unstreitigen Schadenshöhe von EUR 7.580,99 führte (Reparaturkosten: EUR 7.486,49, Sachverständigenkosten: EUR 65,00; Kostenpauschale: EUR 29,50).
Der Beklagte zahlte die Selbstbeteiligung von EUR 750,- und die Kostenpauschale über EUR 29,50. Den verbleibenden Schadensbetrag, den die Klägerin in der Klageschrift fehlerhaft mit EUR 6.791,49 errechnet hat (richtig: EUR 6.801,49) verlangte sie erstinstanzlich zu 100 % vom Beklagten ersetzt. Das LG verurteilte den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von EUR 2.277,80 nebst Zinsen. Zur Begründung führte es aus, der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt und hafte für den Schaden i.H.v. 2/5.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Auffassung vertritt, der Verschuldensanteil des Beklagten müsse jedenfalls mit 75 % angesetzt werden. Infolgedessen verlangt die Klägerin die Zahlung weiterer EUR 2.649,31 nebst Zinsen.
Der Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen und vertritt die Ansicht, sein Verursachungs- und Verschuldensanteil an dem Unfallgeschehen sei mit 2/5 hinreichend bemessen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II. Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das LG ist in seinem angefochtenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte den Unfallschaden grob fahrlässig herbeigeführt hat und hierfür in Höhe einer Quote von 2/5 = 40 % haftet. Die Angriffe der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 8.5.2012 rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.
I. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte der Klägerin aus §§ 535 i.V.m. § 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil er den gemieteten Lkw bei dem Unfallgeschehen am 18.10.2010 grob fahrlässig beschädigt hat. Infolgedessen konnte er seiner Verpflichtung zur Rückgabe eines unbeschädigten Mietgegenstandes nicht nachkommen. Die Feststellungen des LG zur groben Fahrlässigkeit des Verhaltens des Beklagte...