Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines umsatzabhängigen Sonderkündigungsrechts des Mieters.
Normenkette
BGB §§ 535, 542
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 21.01.2008; Aktenzeichen 2 O 248/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.1.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichterin - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 5.488,92 EUR.
Gründe
I. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die beklagte Mieterin mangels wirksamer Kündigung des bis zum 31.12.2009 befristet vereinbarten Mietverhältnisses zu Recht zur Zahlung der mit der Klage geltend gemachten Mietdifferenz i.H.v. 5.488,92 EUR (2 Mon × 2.744,46 EUR/Mon) nebst Zinsen für die Monate August und September 2005 verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen im Ergebnis keine der Beklagten günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 23.10.2008. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:
"1. Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um die Auslegung der Sonderkündigungsklausel in § 2 Abs. 7 Mietvertrag (MV, künftig: Sonderkündigungsklausel), die der Beklagten das Recht einräumt, das befristete Mietverhältnis durch eingeschriebenen Brief bis spätestens zum 31.12.2004 vorzeitig zu beenden, wenn die "Umsatzentwicklung" des Standorts in den Wirtschaftsjahren ab 1.1.2000 ggü. dem dort von der Vormieterin (jetzige Untermieterin) erzielten Umsatz des Jahres 1999 (künftig: Schwellenwert) jährlich um 15 % sinkt. Die in diesem Zusammenhang umstrittene Frage, ob bei der Feststellung des Schwellenwerts Sachentnahmen des Unternehmers i.S.d. § 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG umsatzsteigernd zu berücksichtigen sind, wie es das LG mit der Klägerin (Vermieterin) angenommen hat, oder ob das, wie die Beklagte meint, zu unterbleiben hat, weil Entnahmen jeglicher Art jedenfalls keine Beiträge zur "Umsatzentwicklung" im Sinne der vertraglich vereinbarten Sonderkündigungsklausel seien, bedarf keiner Entscheidung.
2. Dies kann deshalb offen bleiben, weil die (an sich fristgemäß erklärte) Kündigung der Beklagten vom 16.12.2004 aus anderen Gründen unwirksam ist. Sie genügt nämlich schon nach ihrem Erklärungsinhalt nicht den Anforderungen, welche die Parteien vertraglich vereinbart haben.
a) Gegenstand der Sonderkündigungsklausel ist der schon oben (sub I.1) genannte Schwellenwert, der den Umsatz des Wirtschaftsjahres 1999 (künftig: Bezugsjahr) mit den Jahresumsätzen der folgenden Wirtschaftsjahre (künftig: Vergleichsjahre) ins Verhältnis setzt. Das der Beklagten eingeräumte Sonderkündigungsrecht wird nur ausgelöst, wenn der Jahresumsatz eines bestimmten Vergleichsjahres hinter dem des Bezugsjahres um mindestens 15 % zurückbleibt. Da es sich dabei um einen Sonderkündigungsgrund handelt, der im Gegensatz zu den im gewerblichen Mietrecht gesetzlich geregelten Kündigungsgründen ausschließlich im Wahrnehmungs- und Risikobereich der Beklagten liegt, gehört zur Wirksamkeit der Kündigungserklärung wenigstens die schlüssige Darlegung der beiden zu vergleichenden Jahresumsätze, aus deren Differenz sich der Umsatzrückgang von mindestens 15 % ergeben soll (formelle Wirksamkeit). Ohne diese Mindestangaben ist die Klägerin nämlich nicht in der Lage, wenigstens den Eintritt des äußeren Tatbestands des vereinbarten Sonderkündigungsrechts und damit die Relevanz der Kündigungserklärung zu überprüfen (vgl. dazu BGH NJW-RR 2003, 152).
In diesem Sinne haben die Parteien, insbesondere aber auch die Beklagte, die das gesamte Vertragswerk entworfen und gestellt hat, die Sonderkündigungsklausel auch verstanden. Das nimmt der Senat als wesentliches Indiz für die gem. §§ 133, 157 BGB gebotene Auslegung dieser vertraglichen Bestimmung (vgl. dazu BGH NJW 2003, 2748 sub II. 2b; 2005, 3205 jew. m.w.N.). Die Beklagte hat nämlich nicht nur in der hier umstrittenen, sondern schon in der (unstreitig unwirksamen) Kündigungserklärung vom 8.3.2004 die jeweiligen Jahresumsätze genannt, um der Klägerin die vertraglich vereinbarte Kontrolle des vorgebrachten Kündigungsgrundes zu ermöglichen.
b) Die der Kündigungserklärung vom 16.12.2004 beigefügte Anlage vom 6.12.2004 (künftig: Anlage) enthält zwar Umsatzzahlen. Diese sind aber gemessen an der vertraglichen Vorgabe irrelevant. Sie ergeben nicht in schlüssiger Weise einen Umsatzrückgang von mindestens 15 % im Vergleichsjahr 2004 im Verhältnis zum Bezugsjahr 1999. Der in der Anlage genannte Umsatzrückgang (15,01 %) nimmt hinsichtlich des Jahres 2004 auf eine unrichtige Vergleichsgröße Bezug, nämlich auf den Rumpfjahresumsatz der Monate Januar bis November 2004 (11 Monate) statt auf den in der Kündigungsklausel vereinbarten Jahresumsatz 2004 (12 Monate). Dabei kann offen bleiben, ob der für das Bezugsjahr genannte Umsatz von 2.003.855,94 EUR den Jahresumsatz 1999 (12 Monate) oder, was durchaus unklar bleibt und zu Lasten der Beklagten geht, ebenfalls nur den der Monate Januar bis November 1999 (11 ...