Leitsatz (amtlich)
Selbst wenn es für Anwälte und Parteien in Patenrechtsstreitigkeiten der Üblichkeit entsprechen sollte, in der "business-class" eines Flugzeuges zu reisen, können die ggü. der "economy-class" erheblich höheren Flugkosten nicht dem unterlegenen Prozessgegner aufgebürdet werden.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 08.07.2008; Aktenzeichen 4a O 50/05) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1) der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 8.7.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Urteils des OLG Düsseldorf vom 27.3.2008 (I-2 U 53/06) sind von der Beklagten zu 1) EUR 37.386,95 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 18.4.2008 aus 36.977,60 EUR und aus weiteren 409,35 EUR an die Klägerin zu erstatten. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen zu 98 % die Beklagte zu 1) und zu 2 % die Klägerin.
Gründe
I. Die am 25.7.2008 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten (Bl. 239 f. GA) gegen den ihnen am 25.7.2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 8.7.2008 (Bl. 235 ff. GA) ist als Beschwerde der Beklagten zu 1) auszulegen, weil allein diese durch den angefochtenen Beschluss beschwert ist. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Erfolglos wendet die Beklagte zu 1) ein, die Hinzuziehung der Patentanwälte in der Berufungsinstanz sei nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO gewesen. Bei der zugrunde liegenden Streitigkeit handelt es sich um eine Patentstreitigkeit. In Patentstreitsachen sind die Kosten eines Patentanwalts, namentlich die Gebühren nach § 13 RVG und notwendigen Auslagen, zu erstatten, § 143 Abs. 3 PatG. Es findet keine Prüfung statt, ob die Zuziehung des Patentanwalts notwendig war (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rz. 13 "Patentanwalt").
2. Mit Erfolg beanstandet die Beklagte zu 1) dagegen die Reisekosten des Patentanwaltes. Für Reisekosten von Patentanwälten kann auf dieselben Grundsätze zurückgegriffen werden, die für einen Rechtsanwalt gelten. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 20.11.2008, I-10W 84/08 ausgeführt, dass eine Partei bei Verfolgung ihrer berechtigten Interessen gehalten ist, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. grundlegend BGH Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, Rpfleger 2003, S. 98). Er hat zugleich darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung eine Erstattung von Flugkosten nur gebilligt wird, wenn es sich um eine Auslandsreise handelt oder die Mehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu den Kosten der Benutzung der Bahn stehen, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob die geltend gemachten Kosten sich in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung des Rechtsstreits bewegen (vgl. BGH Beschl. v. 13.12.2007 - IX ZB 112/05, Rpfleger 2008, 279 ff. m.w.N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie bzw. der von ihr beauftragte Patentanwalt bei der Auswahl der ihm zur Verfügung stehenden Anreisemöglichkeiten zum Termin vor dem OLG Düsseldorf am 31.1.2008 gegen die Obliegenheit zur Kostengeringhaltung verstoßen hat.
Die Klägerin kann allerdings nicht darauf verwiesen werden, dass eine Anreise per Bahn kostengünstiger gewesen wäre. Die Bahnfahrt von München bis Düsseldorf hätte jeweils ca. 5 bis 6 Stunden reine Fahrzeit in Anspruch genommen, so dass eine Übernachtung notwendig geworden wäre. Es wären mindestens Kosten wie folgt entstanden:
Zug Hin- und Rückfahrt 1. Klasse DB 390 EUR
Hotelübernachtung 80 EUR
Tage und Abwesenheitsgelder 120 EUR
590 EUR
Tatsächlich in Ansatz gebracht wurden 683,84 EUR. Ob die Überschreitung um ca. 16 % noch als geringfügig anzusehen ist bzw. in einem angemessenen Verhältnis zum Zeitgewinn von ca. 1 Tag steht, mag im vorliegenden Fall dahinstehen.
Die Klägerin war jedenfalls gehalten, auch bei einer Anreise per Flugzeug den Grundsatz der Kostengeringhaltung zu beachten. Insoweit wendet sich die Beklagte zu 1) zu Recht gegen die in Ansatz gebrachten Kosten für einen Flug in der "business-class". Selbst wenn es für Anwälte und Parteien in Patenrechtsstreitigkeiten der hier fraglichen Größenordnung der Üblichkeit entsprechen sollte, in der "business-class" eines Flugzeuges zu reisen, können die ggü. der "economy-class" erheblich höheren Flugkosten nicht dem unterlegenen Prozessgegner aufgebürdet werden (vgl. auch Gerold/Schmidt-Madert-Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 7003, 7004 Rz. 31). Der Gegenansicht, die im Rahmen der Angemessenheit der Reisekosten auch den Gegenstandwert sowie die Stellung des Anwalts und seines Auftraggebers berücksichtigen will...