Leitsatz (amtlich)

1. Sind nach § 154 Abs. 2 StPO ausgeschiedene Taten abgeurteilt worden, stellt das Revisionsgericht das (weitere) Verfahren insoweit ein.

2. Für den Eintritt eines Vermögensschadens zum Nachteil des Verkehrsunternehmens kommt es nicht darauf an, ob die infolge unbefugter Verwendung von Kreditkartendaten bereitgestellten Online-Tickets anschließend für Fahrten benutzt wurden. Vielmehr besteht der Vermögensschaden bereits darin, dass das Verkehrsunternehmen, das gegenüber dem berechtigten Kreditkarteninhaber zur Rückbuchung verpflichtet ist, nicht die für die Bereitstellung der Online-Tickets vertraglich geschuldete Gegenleistung erhält.

 

Normenkette

StPO § 154 Abs. 2; StGB § 263a Abs. 1

 

Tenor

  1. Das angefochtene Urteil wird

    1. hinsichtlich der abgeurteilten Online-Ticketkäufe

      vom 11. Dezember 2018 (200,00 Euro),

      vom 12. Dezember 2018 (79,90 Euro) und

      vom 12. Dezember 2018 (209,80 Euro)

      aufgehoben; insoweit wird das Verfahren eingestellt;

    2. im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte

      des Computerbetruges in 32 Fällen schuldig ist.

  2. Das Verfahren wird ferner hinsichtlich des Online-Ticketkaufes

    vom 7. Dezember 2018 (99,90 Euro) eingestellt.

  3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
  4. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Mülheim an der Ruhr hat den Angeklagten wegen Computerbetruges in 37 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Auf dessen Berufung hat das Landgericht Duisburg wegen Computerbetruges in 35 Fällen ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. In einem Fall erfolgte ein Freispruch. Ein erstinstanzlich abgeurteilter Fall war, wie das Landgericht in den Urteilsgründen festgestellt hat, bereits durch das Amtsgericht nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

Gegen das Berufungsurteil, soweit er dadurch beschwert ist, richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

II.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Angeklagte verschaffte sich auf unbekanntem Wege eine Vielzahl von Kreditkartendaten, wobei die Kreditkarten und Kreditkartennummern tatsächlich existierten. Unter unbefugter Verwendung der Kreditkartennummern kaufte der Angeklagte in der Zeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 8. Februar 2019 über die Internetplattform der Deutschen Bahn AG in mindestens 35 Fällen Online-Tickets für Fahrten mit deren Zügen (Gesamtpreis: 8.660,95 Euro). Eine besondere Kundenauthentifizierung fand seinerzeit nicht statt. Die Online-Tickets wurden ohne Zwischenschaltung eines Menschen an die jeweils von dem Angeklagten mitgeteilte Email-Adresse übersandt. Dieser wollte die Online-Tickets entweder selbst für Bahnfahrten benutzen oder an Dritte veräußern.

Die Deutsche Bahn AG buchte die Entgelte für die Online-Tickets von dem für die jeweilige Kreditkarte eingerichteten Konto des rechtmäßigen Karteninhabers ab. Da die Abbuchungen mit Ausnahme eines Falles von dem rechtmäßigen Karteninhaber als unberechtigt beanstandet wurden, erfolgte in 34 Fällen jeweils eine Rückbuchung.

Da nicht mehr feststellbar war, ob und inwieweit die Online-Tickets tatsächlich für Zugfahrten benutzt worden waren, ist die Strafkammer zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die an ihn übermittelten Online-Tickets nicht für Zugfahrten verwendet wurden. Vor diesem Hintergrund hat die Strafkammer darauf abgestellt, dass im Hinblick auf eine missbräuchliche Verwendung der Online-Tickets zumindest eine schadensgleiche Vermögensgefährdung zum Nachteil der Deutschen Bank AG entstanden sei.

III.

Hinsichtlich der auch in zweiter Instanz abgeurteilten Online-Ticketkäufe vom 11. Dezember 2018 (200,00 Euro), vom 12. Dezember 2018 (79,90 Euro) und vom 12. Dezember 2018 (209,80 Euro) besteht ein zur Einstellung des Verfahrens führendes Verfahrenshindernis.

Das Amtsgericht hatte am 29. Oktober 2019 auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschlossen, dass das Verfahren "hinsichtlich der Fallakten 1, 7, 9, 14, 16, 20 und 22" gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wird.

Die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO begründet ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss nach § 154 Abs. 5 StPO erforderlich ist (vgl. statt vieler: BGH NStZ 2007, 476; NStZ-RR 2007, 93).

Ein Einstellungsbeschluss soll aus sich selbst heraus verständlich sein (vgl. BGH NJW 2015, 181, 182), was hier nicht der Fall ist, da es zur Abgrenzung des Rückgriffs auf die Fallakten bedarf, in denen je Fallakte teils mehrere Online-Ticketkäufe erfasst worden sind. Angesichts dessen wäre es für die Übersichtlichkeit hilfreich gewesen, wenn bereits in der Anklage eine fortlaufende Nummerierung der Fälle vorgenommen worden wäre, die sodann von dem Amts- und Landgericht hätte beibehalten werden können.

Die drei e...

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