Leitsatz (amtlich)
Auch wenn der dinglich berechtigte Ehegatte (hier: Eigentümer) dem anderen Ehegatten im Zuge der Trennung die Ehewohnung zunächst überlassen hat und erst nach Rechtskraft der Scheidung die Überlassung an sich selbst verlangt, kann der andere Ehegatte die Herausgabe nur bei Vorliegen einer unbilligen Härte verweigern (§ 1568a Abs. 2 BGB analog).
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Aktenzeichen 44 F 1683/16) |
Tenor
I. Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens in beiden Instanzen werden der Antragsgegnerin auferlegt.
II. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
III. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
I. (Ziffer I. ergänzt)
Der Antragsteller war mit der bis zu einem Grad von 60 schwerbehinderten Antragsgegnerin verheiratet. Bei ihrer Trennung im März 2015 zog er aus der bislang gemeinsam bewohnten, in seinem Eigentum stehenden Immobilie aus. Der Antragsteller beabsichtigte zunächst, die Immobile zu veräußern, entschied sich aber schließlich dazu, selbst dort zu wohnen. Nach Scheidung der kinderlosen Ehe im Oktober 2016 forderte er die Antragsgegnerin zur Herausgabe auf.
Das Amtsgericht hat den Herausgabeantrag abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen - auf der Grundlage von § 1568 a Abs. 1 BGB - damit begründet, dass die Überlassung der Ehewohnung an die Antragsgegnerin der Billigkeit entspräche. Die schwerbehinderte Antragsgegnerin beziehe Leistungen nach SGB II, der berufstätige Antragsteller sei wirtschaftlich und gesundheitlich besser aufgestellt. Aus beruflichen Gründen sei er nicht auf die Wohnung angewiesen. Soweit er beengte Wohnverhältnisse in seiner derzeitigen Wohnung beklage, habe er dies selbst zu verantworten, weil er dort seine neue Lebensgefährtin und deren pflegebedürftige Mutter aufgenommen habe.
Im Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das OLG Düsseldorf hat die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt.
II. Es entspricht der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen aufzuerlegen (§ 81 Abs. 1 FamFG). Der Antragsteller hätte nämlich mit seinem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung ohne das erledigende Ereignis - den Abschluss der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung - in der Sache Erfolg gehabt.
Die Antragsgegnerin hätte sich gegen den Anspruch des Antragstellers nur erfolgreich verteidigen können, wenn die geforderte Überlassung der früheren Ehewohnung für sie eine unbillige Härte i.S.d. § 1568a Abs. 2 BGB (analog) bedeutet hätte, was jedoch nicht der Fall war. Die Einkommenslosigkeit und die Schwerbehinderung (GdB 60) lässt den geforderten Auszug aus der früheren Ehewohnung für die Antragsgegnerin noch nicht als außergewöhnlich schwere Beeinträchtigung erscheinen.
Nach dem Wortlaut des § 1568a Abs. 2 BGB kann ein Ehegatte bei einer dinglichen Berechtigung des anderen Ehegatten die Überlassung der Ehewohnung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Mit dieser Regelung sollen Eingriffe in die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition des dinglich berechtigten Ehegatten eingeschränkt und nur in außerordentlichen Härtefällen zugelassen werden.
Dieser Rechtsgedanke muss durch analoge Anwendung des § 1568a Abs. 2 BGB auch dann zum Tragen kommen, wenn der dinglich berechtigte Ehegatte dem anderen Ehegatten im Zuge der Trennung die Ehewohnung zunächst überlassen hat und dann nach Rechtskraft der Scheidung die Überlassung der Ehewohnung verlangt. Für den grundrechtlich gebotenen Eigentumsschutz darf es nämlich keinen Unterschied machen, ob sich ein dinglich berechtigter Ehegatte gegen das Überlassungsverlangen des anderen Ehegatten verteidigt oder ob er selbst die Überlassung einer Ehewohnung, aus der er zunächst freiwillig ausgezogen war, verlangt.
Auch aus der außergerichtlichen Zusage des Antragstellers vom 22.4.2015 konnte die Antragsgegnerin das Recht, dauerhaft in der früheren Ehewohnung verbleiben zu dürfen, nicht herleiten.
III. Der Antragsgegnerin kann Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden. Nachdem der Antragsteller sich zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 40.951,12 EUR verpflichtet hat, kann die Antragsgegnerin die Kosten der Verfahrensführung aus ihrem Vermögen bestreiten.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Eine Rechtsmittelbelehrung ist deshalb nicht zu erteilen.
Fundstellen
Haufe-Index 12027082 |
FamRZ 2018, 1816 |