Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die Ausführungen im tatrichterlichen Urteil, wenn der Betroffene aufgrund eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifiziert wird.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Mettmann zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt und ihm für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Seine gegen dieses Urteil gerichtete Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
Die Beweiswürdigung zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des in Rede stehenden PKW erweist sich als lückenhaft. Das Amtsgericht hat insoweit lediglich mitgeteilt, der Betroffene habe "aufgrund des in der Akte befindlichen Lichtbildes identifiziert werden" können. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Senatszuschrift vom 12. Juni 2013 folgendes ausgeführt:
"Im Fall der Täteridentifizierung eines Betroffenen müssen die Urteilsgründe so abgefasst sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto bzw. Radarfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteils- gründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Augenschein genommen werden kann. Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich (vgl. BGHSt 41, 376, 382; OLG Düsseldorf VRS 112, 43; OLG Hamm, Beschluss vom 21. August 2007 - 3 Ss-OWi 464/07; OLG Hamm, Beschluss vom 26. November 2007 - 2 Ss OWi 757/07 -, [...]). Die Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO muss aber deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Alleine der Hinweis auf die in der Hauptverhandlung erfolgte Inaugenscheinnahme genügt den Anforderungen nicht (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Köln NJW 2004, 3274; OLG Hamm NStZ-RR 1998, 238). Dadurch wird lediglich der Beweiserhebungsvorgang beschrieben wird, nicht aber der Wille zum Ausdruck gebracht wird, das Radarfoto zum Bestandteil der Urteilsurkunde zu machen.
Das angefochtene Urteil weist nicht ausdrücklich auf § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO hin und verwendet auch nicht den Wortlaut dieser Vorschrift. Die im angefochtenen Urteil vom Tatrichter verwandten Formulierungen, mit denen hinsichtlich der Beweisaufnahme lediglich auf das Sitzungsprotokoll verwiesen wird, genügt nicht, um die in der Akte vorhandenen Fotos - zumal nicht einmal deren Fundstellen in den Akten mitgeteilt werden - zum Bestrandteil der Urteilsgründe zu machen. Die Angaben beschränken sich auf eine oberflächliche Beschreibung des Beweiserhebungsvorgangs. Den Gründen kann damit auch nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass bzw. welche Lichtbilder durch Bezugnahme in das Urteil eingefügt sein sollen.
Sieht der Tatrichter von einer Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO ab, muss das Urteil Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere ldentifizierungsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenschaften so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht in gleicherweise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung der Ergiebigkeit des Fotos ermöglicht wird (BGH NJW 1996, 1420; OLG Frankfurt NZV 2002, 137; OLG Hamm, Beschluss vom 26. November 2007 - 2 Ss OWi 757/07 -, [...]). Die Gründe des angefochtenen Urteils beschränken sich auf die bloße Mitteilung des Ergebnisses der tatrichterlichen Überzeugungsbildung ohne hierfür eine Grundlage mitzuteilen.
Mangels deutlicher und zweifelsfreier Inbezugnahme der Lichtbilder, kann das Rechtsbeschwerdegericht diese nicht aus eigener Anschauung würdigen und ist daher auch nicht in der Lage zu beurteilen, ob die Lichtbilder als Grundlage einer Identifizierung tauglich sind (vgl. BGH a.a.O.)."
Dem tritt der Senat bei.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährung insbesondere im Hinblick auf die durch das Anhörungsschreiben vom 23. November 2011 erfolgte Verjährungsunterbrechung nicht in Betracht kommt. Feststellungen zu Verfahrenshindernisse betreffenden Umständen erfolgen im Freibeweis (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 337 Rn. 6), so dass die insoweit in der Rechtsbeschwerdebegründung erhobene Inbe...