Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur konkreten Unterhaltsberechnung insbesondere bei uneingeschränkter Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten
Leitsatz (amtlich)
Der Unterhaltsanspruch ist nach den Erfahrungswerten, die der 7. Familiensenat durch ähnliche Unterhaltsverfahren gewonnen hat, konkret zu berechnen, wenn sich nach den zusammengerechneten bereinigten Einkünften der beteiligten Eheleute ein Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten von mehr als 3.000 EUR ergibt.
Bei der konkreten Unterhaltsberechnung kommt es auf die genauen Einkommensverhältnisse es Unterhaltspflichtigen dann nicht an, wenn sich der Unterhaltspflichtige für uneingeschränkt leistungsfähig erklärt.
Die konkrete Unterhaltsberechnung hat in jedem Fall anhand eines objektiven Maßstabes zu erfolgen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand.
Der objektive Maßstab bestimmt sich dabei nach der Erklärung des Unterhaltspflichtigen, uneingeschränkt leistungsfähig zu sein.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1578, 1601 ff.
Verfahrensgang
AG Solingen (Beschluss vom 23.03.2013; Aktenzeichen 33 F 97/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - S. vom 23.23.2013 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Antrags der Antragstellerin im Übrigen verpflichtet,
an die Antragstellerin
für den Zeitraum von Januar 2012 bis August 2014 rückständigen Trennungsunterhalt i.H.v. 53.031,82 EUR sowie laufenden monatlichen Trennungsunterhalt ab September 2014 i.H.v. 10.733,82 EUR,
an die Antragstellerin für F.
für den Zeitraum von Januar 2012 bis August 2014 rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 2.840 EUR
sowie laufenden monatlichen Unterhalt ab September 2014 i.H.v. 1.289 EUR,
an die Antragstellerin für S.
für den Zeitraum von Januar 2012 bis August 2014 rückständigen Kindesunterhalt i.H.v. 3.375 EUR
sowie laufenden monatlichen Unterhalt ab September 2014 i.H.v. 1.408,50 EUR,
zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschluss ist sofort vollziehbar.
Gründe
I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Trennungs- und Kindesunterhalt für die Zeit ab August 2012 in Anspruch.
Die Beteiligten haben am 6.5.2005 geheiratet. Aus dieser Ehe sind die Söhne F. (*26.6.2006) und S. (*9.5.2011) hervorgegangen. Die Kinder werden von der Antragstellerin betreut und versorgt.
Die Trennung erfolgte am 1.8.2012. Der Antragsgegner ist aus dem Familieneigenheim (Wohnfläche 250 m2) in S. ausgezogen.
Trennungs- wie auch Kindesunterhalt begehrt die Antragstellerin nicht nach einer Quote sondern im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse des Antragsgegners, der bei zu versteuernden Einnahmen von etwa 21 Mio EUR und einem Steueraufwand von etwa 6 Mio EUR im Jahr 2012 uneingeschränkt leistungsfähig ist, nach konkretem Bedarf. Der Antragsteller ist geschäftsführender Mitgesellschafter des Textilhandelsunternehmens in S.. Mittlerweile haben sich seine Einkommensverhältnisse weiter verbessert. Seit Anfang Juli 2014 ist er nun Mehrheitsgesellschafter und hält einen Anteil von 70 % am Unternehmen (vgl. rp-online vom 28.6.2014). Bis einschließlich November 2013 bezog er das Kindergeld.
Die Antragstellerin war während der Ehe nicht berufstätig.
In I. Instanz hat die Antragstellerin (bei gedecktem Wohnbedarf) beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, an sie rückständigen Ehegatten- und Kindesunterhalt für die Zeit von August 2012 bis Oktober 2013 i.H.v. 124.069,67 EUR
sowie laufend ab November 2013
für F. Kindesunterhalt i.H.v. 1.581 EUR monatlich
für S. Kindesunterhalt i.H.v. 1.621 EUR
sowie an sie Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 14.114 EUR
zu zahlen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen, soweit der Trennungsunterhalt ab April 2013 einen Betrag von monatlich 5.000 EUR übersteigt, soweit für F. ab April 2013 mehr als 160 % des Mindestunterhalts nach der 2. Altersstufe, derzeit mtl. 416 EUR zzgl. Krankenversicherung von monatlich 190,80 EUR und Kosten für die Ganztagsbetreuung von monatlich 130 EUR gefordert werden, soweit für S. ab April 2013 mehr als 160 % des Mindestunterhalts nach der 1. Altersstufe, derzeit mtl. 491 EUR zzgl. Krankenversicherung von monatlich 190,80 EUR und Kosten für die Kindertagespflege von monatlich 300 EUR gefordert werden.
Das AG hat in der angefochtenen Entscheidung den Antragsgegner unter teilweiser Zurückweisung des Antrags der Antragstellerin verpflichtet,
beginnend mit November 2013 an die Antragstellerin monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 7.393 EUR bis Februar 2015 und von 6.585 EUR ab März 2015,
für F. monatlich Kindesunterhalt i.H.v. 180 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfe...