Leitsatz (amtlich)
1. Die Klausel eines Pachtvertrages:
"Die Verpächterin räumt dem Pächter zweimalige Option von jeweils 5 Jahren ein, die dann wirksam wird, wenn das Vertragsverhältnis nicht 12 Monate vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird."
ist als fingierte Ausübung eines Optionsrechts des Pächters auszulegen.
2. Die schon im Vertrag fingierte Ausübung der Option bezweckt die Einhaltung der Schriftform langfristiger Mietverträge zum Schutz des Grundstückserwerbers.
Normenkette
BGB §§ 535, 545, 550
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 24 O 15/10) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 7.12.2010 geplante Senatstermin entfällt.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Beklagten günstigere Entscheidung.
Der Senat schließt sich den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des LG an, das der Klage zu Recht stattgegeben hat. Die Auslegungsversuche der Beklagten überzeugen dagegen nicht. Denn sie widersprechen dem Kern des Optionsrechts, nämlich dem Recht des Mieters einseitig eine Vertragsverlängerung zu bewirken (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1990, 1488; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts,!0. Aufl., Rz. 863).
Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass in einem gewerblichen Individualmietvertrag durch weitere Vertragsbedingungen der Kern eines Optionsrechts ausgehöhlt und diesem Recht nur "kosmetischer" Charakter verliehen wird (dies ist in einem Formularmietvertrag bereits unzulässig: vgl. OLG Hamburg, a.a.O., mit zustimmender Anmerkung Eckert in EWIR 1990, 449; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rz. 863). Hier bestehen jedoch - unabhängig von der Frage, ob ein Individualmietvertrag überhaupt gegeben ist - keine Anhaltspunkte dafür, dass das Optionsrecht nach den vertraglichen Vereinbarungen seines Kerns beraubt sein sollte. Die Optionsklausel in § 4 Abs. 2 des Pachtvertrages vom 23./26.3.1999 (PV) ist zwar aufgrund ihres Passiv-Gebrauchs untypisch formuliert. Denn grundsätzlich ist die Option ein Gestaltungsrecht, das von dem Berechtigten die Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, also ein aktives Tun verlangt, um das Recht wirksam auszuüben. (OLG Düsseldorf WuM 2002, 606; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., Kap. III Rz. 86). Dagegen ist es für eine Verlängerungsklausel typisch, dass durch Nichtstun der Vertrag verlängert wird und eine Vertragspartei kündigen muss, um die Verlängerung zu verhindern (vgl. Senat, a.a.O.; OLG Düsseldorf MDR 2004, 817; Hannemann/Wiegener Münchener Anwaltshandbuch, 3. Aufl. § 29 Rz. 9).
In Vertragsgestaltungen wird dies jedoch nicht immer beachtet (BGH WM 1982, 1084; OLG Düsseldorf WuM 2002, 606; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rz. 863)). Obwohl beide Rechtsinstitute in Mietvertragsvordrucken regelmäßig deutlich voneinander abgegrenzt sind, werden häufig Kombinationen aus beiden Klauseln vermischt (vgl. BGH WM 1982, 1084). Dabei kann der optionsbegünstigte Mieter sogar bei einer Kombination von einer Verlängerungsklausel mit einem Optionsrecht noch die Option ausüben und die Beendigung des Mietverhältnisses verhindern, wenn der Vermieter zuvor gekündigt hat (BGH NJW 1985, 2581). Denn während des Optionszeitraumes ist das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters gerade ausgeschlossen (BGH, a.a.O.; Schmidt-Futterer, MietR, 9. Aufl., § 542 BGB Rz. 57 m.w.N.)
Hier liegt jedoch noch nicht einmal eine Kombination des Optionsrechts mit einer Verlängerungsklausel vor. Vielmehr ist § 4 Abs. 2 PV so zu verstehen, dass die Optionsausübung durch die Klägerin bereits im Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen fingiert worden ist (vgl. OLG Hamm OLGReport Hamm 2006, 138). Der Sachverhalt unterscheidet sich insoweit von der Klausel, die der Senat (a.a.O.) zu beurteilen hatte. Dort kam dem in Klammern gesetzten Begriff "Option" bereits sprachlich keine eigenständige Bedeutung zu. Der Begriff war lediglich als Erläuterung einer Verlängerungsklausel gedacht aber missverständlich.
Schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 PV sowie dem Sinn des gewährten Optionsrechts ergibt sich dagegen hier, dass die Optionsausübung im Vertrag fingiert worden ist. Denn allein dem Pächter ist ausdrücklich eine zweimalige Option von jeweils 5 Jahren eingeräumt worden. Allerdings sollte diese nur und erst dann wirksam werden, d.h. als ausgeübt gelten, wenn das Vertragsverhältnis nicht 12 Monate vor Ablauf der Vertragszeit von der Optionsberechtigten gekündigt wird. Dies kann interessengerecht nur im Sinne eines der klagenden Mieterin zustehenden Rechts verstanden werden, den Vertrag auslaufen zu lassen. Der von Laien verwendete Begriff "gekündigt" sollte der Klägerin ersichtlich die Befugnis einräumen, von der fingierten Ausübung der...