Leitsatz (amtlich)
Die auf Beweissicherung und Abtretung von Ersatzansprüchen gerichtete Beschlussfassung der Gemeinschaft zur Vorbereitung der erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Klärung der Ursache und Beschaffung von Mitteln zur Beseitigung der Kellerfeuchtigkeit im Wege der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die Gemeinschaft aus abgetretenem Recht eines einzelnen Wohnungseigentümers kann nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn die mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten in Anbetracht einer Erfolgsprognose der Rechtswahrung für die Gemeinschaft vertretbar erscheinen.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 1, 4
Verfahrensgang
LG Kleve (Aktenzeichen 4 T 344/02) |
AG Rheinberg (Aktenzeichen 11 II 22/02 WEG) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das LG zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.000 Euro.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … in R.
Die Beteiligten zu 1) und 2) erhielten ihre Miteigentumsanteile im Wege der Erbfolge von ihrem Vater H.S. Dieser war ursprünglich Alleineigentümer des Grundbesitzes. Nach der Bildung von Sondereigentum verkaufte er einige Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an einzelnen Wohnungen. Durch notariellen Vertrag vom 26.6.1992 erwarb u.a. die Antragsgegnerin A.L. einen Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung. Sie ist die einzige aktuelle Miteigentümerin, die ihren Anteil unmittelbar von H.S. erworben hat. Alle weiteren aktuellen Miteigentümer mit Ausnahme der Antragsteller sind Zweiterwerber. Sie haben ihre Miteigentumsanteile von Personen erworben, die ihrerseits von H.S. erworben hatten.
Als Feuchtigkeitsschäden in einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Kellerraum auftraten, vermuteten die Antragsgegner, der Veräußerer H.S. habe bei den Verkäufen einen Baumangel arglistig verschwiegen.
In der Eigentümerversammlung vom 21.8.2001 beschlossen die Eigentümer mit Stimmenmehrheit, die Miteigentümerin L. von allen Kosten für ein „Beweissicherungsverfahren” gegen die Erben des H.S., die Beteiligten zu 1) und 2), freizustellen. Mit Beschluss vom 15.1.2002 hob das AG Rheinberg diese Entscheidung der Eigentümergemeinschaft auf, weil dieser die Beschlusskompetenz gefehlt habe, da nicht ersichtlich sei, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche Rechte gegen den Vater der Antragsteller hätte geltend machen können.
Die Eigentümergemeinschaft fasste an 24.4.2002 mit Stimmenmehrheit u.a. folgende Beschlüsse:
„TOP 3: Abtretung von Gewährleistungsansprüchen der Miteigentümerin L. gem. Muster
a) Der Verwalter erläuterte den Sinn und Zweck der Abtretung, um aus abgetretenem Recht vorgehen zu können.
b) Die Gemeinschaft folgte dem Vorschlag der Verwaltung und nahm die Abtretung an.
c) Beschlussfassung: Bis auf den Miteigentümer S. stimmten alle für den Beschlussvorschlag der Verwaltung.
TOP 4: Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens
b) Die Verwaltung erläuterte diesen Tagesordnungspunkt.
c) Beschlussfassung: Bis auf den Miteigentümer S. stimmten alle Eigentümer für die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens unter Einschaltung von RA R.”
Die Beteiligten zu 1) und 2), die meinen, die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, haben u.a. beantragt, die in der Eigentümerversammlung vom 24.2.2002 unter TOP 3 und 4 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.
Das AG hat nach mündlicher Verhandlung am 20.8.2002 die Anträge zurückgewiesen, weil es jedem Anspruchinhaber freistehe, an wen er seine Ansprüche abtreten wolle.
Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) und 2) sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den amtsgerichtlichen Beschluss aufzuheben und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Das LG hat nach mündlicher Verhandlung am 4.12.2002 die Beschwerde zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung der Kammer wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde, der die Antragsgegner entgegentreten.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde hat dahin Erfolg, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das LG zurückzuverweisen ist.
1. Das LG hat zur Begründung ausgeführt, die Entscheidung über die Annahme der Abtretung und die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens wegen dieser Ansprüche entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Erwerb der Forderung und die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens fördere die Verbesserung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Gemeinschaft verfolge damit nicht ausschließlich die Interessen der Antragsgegnerin A.L. Der von ihr abgetretene Schadense...