Leitsatz (amtlich)
Wird die WEG rechtskräftig verpflichtet, der Herstellung eines zweiten Rettungsweges zuzustimmen, so besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenregelung hierfür nach § 16 Abs. 2 WEG unter Beteiligung der WEG, wenn der Wohnungseigentümer mit der Regelung nicht einem aktuellen Rechtsschutzziel Geltung verschaffen, sondern lediglich einen "Vorratsbeschluss" erreichen will, der es ihm ermöglichen soll, irgend wann einmal - womöglich unter dann maßgeblich veränderten Umständen - die Baumaßnahme unter Kostenbeteiligung der WEG durchzuführen.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, 4, § 21 Abs. 4, 5 Nr. 2, § 25 Abs. 2, § 62
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 14.11.2007; Aktenzeichen 6 T 200/07) |
AG Krefeld (Aktenzeichen 16 II 50/07) |
Tenor
Auf das Rechtsmittel wird der angefochtene Beschluss teilweise dahin geändert, dass die Verpflichtung der Beteiligten zu 3, einer Verteilung der Kosten, die infolge der Herstellung des vorgenannten zweiten Rettungsweges anfallen, nach dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 1 Satz 2 WEG zuzustimmen, entfällt und der hierauf gerichtete Antrag der Beteiligten zu 1+2 zurückgewiesen wird.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahren des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1 und 2.
Wert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Mitglieder der eingangs genannten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die Wohnung im 2. Obergeschoss sowie die Dachgeschosswohnung inne. Sie beabsichtigten eine Zusammenführung dieser Wohnungen zu einer Wohneinheit und beantragten hierfür die Baugenehmigung. Bei der Prüfung des Bauvorhabens ergab sich, dass der nach § 17 Abs. 3 BauO NW für jede Nutzungseinheit erforderliche zweite Rettungsweg fehlte. Nach § 40 Abs. 4 BauONW müssen Öffnungen in Fenstern, die als Rettungswege dienen, im Lichten mindestens 0,90m × 1,20m groß und nicht höher als 1,20m von der Traufkante entfernt sein; von diesen Fenstern müssen sich Menschen zu öffentlichen Verkehrsfläche oder zu Flächen für die Feuerwehr bemerkbar machen können.
Die Baugenehmigung für das - letztlich nicht durchgeführte - Bauvorhaben wurde unter dem 21.7.2003 mit der folgenden Anforderung an den Brandschutz erteilt:
"In der Dachgeschosswohnung muss mindestens ein zur öffentlichen Verkehrsfläche hin liegendes Fenster vorhanden sein, das als 2. Rettungsweg geeignet ist.
Das Fenster muss im Lichten gemessen, mindestens 0,90m × 1,20m groß und voll öffenbar sein ..."
Auf der Eigentümerversammlung am 2.5.2007 wurde mit den Stimmen der Beteiligten zu 3 zu TOP 10 eine Beschlussfassung über die Herstellung des zweiten Rettungsweges in der Dachgeschosswohnung sowie zu TOP 11 über die Verteilung der Kosten hierfür (zu Lasten der Gemeinschaft) abgelehnt.
Die Beteiligen zu 1 und 2 haben diese Beschlüsse angefochten und haben beantragt,
1. die auf der Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft H. am 2.5.2007 zu TOP 10 (Beschlussfassung über die Herstellung des zweiten Rettungsweges in der Dachgeschosswohnung der Antragsteller) sowie TOP 11 (Beschlussfassung über die Verteilung der Kosten infolge der Herstellung des zweiten Rettungsweges) gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären,
2. die Beteiligte zu 3 zu verpflichten, alle baulichen Maßnahmen zu dulden, die zur Herstellung des zweiten Rettungsweges der Dachgeschosswohnung der Antragsteller im Hause H. erforderlich sind, insbesondere die Maßnahmen zum Ausbau des (vom Blickpunkt Straßenseite aus betrachtet) rechten Gaubenfensters der Dachgeschosswohnung des Hauses H. zum zweiten Rettungsweg oder die Maßnahmen zum Einbau eines Dachflächenfensters mit den für den zweiten Rettungsweg gesetzlich vorgegebenen Maßen zwischen mittlerer und rechter Gaube (Blickpunkt Straßenseite) des Hauses H.,
3. die Beteiligte zu 3 zu verpflichten, der Verteilung der Kosten, die infolge der Herstellung des vorgenannten zweiten Rettungsweges anfallen, nach dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 1 Satz 2 WEG zuzustimmen.
Die Beteiligte zu 3 hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat darauf verwiesen, dass die baurechtliche Zulässigkeit der Dachgeschosswohnung vom Bauordnungsamt im Zusammenhang mit der Teilung des Hauses überprüft worden sei. Seit spätestens 1985 werde die Dachgeschosswohnung zu Wohnzwecken genutzt, ohne dass ein zweiter Rettungsweg gefordert worden sei. Das Erfordernis des zweiten Rettungsweges beruhe ausschließlich auf der von den Beteiligten zu 1 und 2 ursprünglich gewünschten Zusammenlegung ihrer Wohnungen im 2. Obergeschoss und im Dachgeschoss.
Das AG Krefeld hat am 27.8.2007 die Anträge zurückgewiesen, weil derzeit ein baubehördlicher Bescheid die Beteiligten zu 1 und 2 nicht zu einer Anlegung des zweiten Rettungsweges zwinge.
Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 sofortige Beschwerde eingelegt.
Sie haben geltend gemacht, die Herstellung des zweiten Rettungsweges stelle eine Maßnahme der Gefahrenabwehr dar.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beantragt, unter Ände...