Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 26.09.2003; Aktenzeichen VK 1 - 81/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortigen Beschwerden der Antragstellerin und der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel der Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 26.9.2003 – VK 1-81/03 – aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird als unbegründet zurückgewiesen.

Auf den Hilfsantrag der Antragstellerin wird festgestellt, dass sie durch die Aufhebung der öffentlichen Ausschreibung am 30.7.2003 und die freihändige Vergabe durch die Antragsgegnerin am 8.8.2003 in ihren Rechten verletzt worden ist.

II. Die Kosten beider Rechtszüge sowie die in beiden Instanzen angefallenen notwendigen Auslagen des Gegners tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin jeweils zu 1/2.

III. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragstellerin sowohl im Verfahren vor der Vergabekammer als auch im Beschwerdeverfahren notwendig.

IV. Der Beschwerdewert wird auf 91.440 Euro (5 % von 1.828.800 Euro) festgesetzt.

 

Gründe

A. Mit Beschluss vom 26.9.2003 hat die Vergabekammer des Bundes der Antragsgegnerin aufgegeben, eine erneute Wertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei zulässig und begründet. Der Zulässigkeit des Antrags stehe weder die Aufhebung der öffentlichen Ausschreibung der zu vergebenden ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH-Maßnahmen) in B., R. und D. noch die Erteilung des Zuschlages im freihändigen Verfahren entgegen. Die Aufhebung der öffentlichen Ausschreibung sei vergaberechtswidrig. Insoweit könne dahin stehen, ob die Auffassung der Antragsgegnerin, eine Wertung der Angebote unter Zugrundelegung des Durchschnittspreis für alle drei Maßnahmejahre sei vergaberechtswidrig, zutreffend sei. Jedenfalls seien die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 26 Nr. 1d) VOL/A nicht erfüllt, da weniger einschneidende Maßnahmen zur Beseitigung eines etwaigen Vergabefehlers zur Verfügung gestanden hätten. So hätte die Antragsgegnerin den Bietern aller Voraussicht nach sogar innerhalb der verlängerten Angebotsfrist Gelegenheit geben können, ihre Angebote neu zu kalkulieren.

Eine Aufhebung der vergaberechtswidrigen Aufhebung der öffentlichen Ausschreibung sei nicht geboten, denn die Aufhebung sei nur zum Schein erfolgt und damit nichtig. Dies ergebe sich aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung der öffentlichen Ausschreibung am 30.7.2003 und der Vergabe im freihändigen Verfahren am 8.8.2003 sowie aus der Tatsache, dass die Antragsgegnerin die Bieter trotz eines bestehenden vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses über die von ihr beabsichtigte Vorgehensweise nicht informiert habe. Dies lege den Schluss nahe, dass die Antragsgegnerin die übrigen Bieter bewusst im Unklaren habe lassen wollen, um eine für sie selbst möglichst genehme Art der Vergabe ohne Rücksicht auf die legitimen Interessen der Bieter durchführen zu können. Da die Aufhebung somit nur zum Schein erfolgt sei, sei das ursprüngliche Vergabeverfahren nicht beendet worden. Dies habe zur Folge, dass der am 8.8.2003 im freihändigen Verfahren erteilte Zuschlag gem. § 13 S. 4 VgV (richtig: § 13 S. 6 VgV) nichtig sei.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei auch begründet, denn die Antragsgegnerin habe ihre Zuschlagsentscheidung vom 8.8.2003 auf eine Wertung gestützt, bei der lediglich der Preis für das erste Maßnahmejahr berücksichtigt worden sei, obwohl sie zuvor den Bieter mitgeteilt habe, dass der Durchschnittspreis für die maximal möglichen drei Jahre herangezogen werde. Hiermit habe sie gegen den allgemeinen Transparenzgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB) verstoßen, weshalb ihr eine neue Wertung des Angebotes der Antragstellerin aufzugeben und der Antragstellerin zuvor die Möglichkeit einzuräumen sei, ein unter Umständen geändertes Preisangebot abzugeben.

Gegen diese Entscheidung wenden sich sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin mit der jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten sofortigen Beschwerde.

Die Antragstellerin macht geltend, für die von der Vergabekammer vorgesehene erneute Wertung der Angebote sei kein Raum. Die öffentliche Ausschreibung befinde sich im Stadium zwischen Öffnung der Angebote und Zuschlagserteilung. Eine vergaberechtskonforme Möglichkeit einer Nachverhandlung bezüglich der Preise und Leistungen sei gem. § 24 Nr. 2 VOL/A ausgeschlossen. Aus diesem Grund sei ihr, wie angekündigt, der Zuschlag auf ihr Angebot vom 14.7.2003 für die abH-Maßnahme B. zu erteilen.

Im Übrigen sei dem Beschluss der Vergabekammer nicht eindeutig zu entnehmen, ob und wie sie über die Nachprüfungsanträge bezüglich der abH-Maßnahmen … und … entschieden habe.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, auf Basis der Wertung der ursprünglichen Angebote der Antragstellerin vom 2.6.2003 (Leistungsangebot) und 11.6.2003 (Preisangebot) für di...

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