Tenor

  • 1.

    Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 15. November 2007 zuständig.

  • 2.

    Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (C-300/07) über die Vorlage des Senats gemäß Beschluss vom 23. Mai 2007 (VII-Verg 50/06) ausgesetzt.

 

Gründe

Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Bundesrepublik Deutschland. Sie schrieben mit Rundschreiben vom 03. August 2007 und durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 06. August 2007 unter dem Titel "Arzneimittel-Rabattverträge 2008/2009" Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V aus. Vertragspartner sollten sämtliche Allgemeinen Ortskrankenkassen werden, wobei die AOK Baden-Württemberg als "federführend handelnder Vertragspartner" bezeichnet wurde. Die Ausschreibung erstreckte sich auf insgesamt 83 Wirkstoffe. Je Wirkstoff sollte ein Rabattvertrag mit drei Unternehmen, bei bestimmten verordnungsstarken Wirkstoffen mit vier Unternehmen geschlossen werden. Die Bieter sollten einen bestimmten Prozentsatz angeben, um den ein näher erläuterter Schwellenwert unterschritten werden sollte. Der absolute Rabattbetrag berechnete sich sodann nach einer bestimmten mathematischen Formel, wobei eine Kappungsgrenze bestand. Kriterien für die Auswahl der Angebote je Wirkstoff waren eine näher bezeichnete Produktbreite und die Wirtschaftlichkeit. Die Vertragspartner hatten nach § 6 Abs. 3 des Vertrages die Lieferfähigkeit der vereinbarten Arzneimittel an den Großhandel zu gewährleisten und nach § 7 des Vertrages bei Lieferausfällen bestimmte Vertragsstrafen zu bezahlen.

An der Ausschreibung beteiligte sich eine Vielzahl von Unternehmen, die Angebote über einen oder mehrere Wirkstoffe abgaben. Mit Schreiben vom 14. September 2007 teilten die Antragsgegnerinnen den Unternehmen das Ergebnis mit. Verschiedene Angebote wurden wegen unzureichender Produktbreite oder unzureichender Wirtschaftlichkeit abgelehnt. Rügen halfen die Antragsgegnerinnen nicht ab.

Daraufhin riefen mehrere nicht berücksichtigte Unternehmen die ihrer Ansicht nach zuständigen Vergabekammern an, und zwar die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK-31/2007-L), die Vergabekammer Karlsruhe (1 VK 47/07) sowie die Vergabekammer des Bundes (VK 2 - 102/07, VK 2 - 105/07, VK 2 - 108/07, VK 2 - 114/07, VK 2 - 117/07, VK 2 - 120/07 und VK 2 - 123/07).

Die jeweiligen Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, bei den Antragsgegnerinnen handele es sich um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, weil sie von Gebietskörperschaften - mittelbar - durch Krankenversicherungsbeiträge finanziert würden und staatlicher Aufsicht unterworfen seien. Der Gegenstand der Ausschreibung betreffe öffentliche Lieferaufträge im Sinne des § 99 Abs. 2 GWB. Die Anwendbarkeit des Vergaberechts werde durch § 69 SGB V nicht in Frage gestellt; diese Vorschrift sei vielmehr unter Zugrundelegung der Gesetzgebungsgeschichte und unter Berücksichtigung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EG L 134 S. 114 vom 30.04.2004 - zukünftig nur VKR genannt) einschränkend auszulegen. Für die Nachprüfung der Vergabeentscheidung seien nach § 104 GWB die Vergabekammern und nicht - trotz der Vorschriften der § 51 SGG, § 130a Abs. 9 SGB V - die Sozialgerichte zuständig, wie auch die Gesetzgebungsgeschichte ergebe. Die Vergabekammer des Bundes sei zuständig, weil der Bund die Finanzierung der Krankenkassen gewährleiste. Die Zuständigkeit der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf wurde damit gerechtfertigt, bei mehreren Auftraggebern sei die Vergabekammer eines jeden in Frage kommenden Landes zuständig.

In der Sache haben die Bieter verschiedene Vergabefehler gerügt. Es fehlten Angaben zu dem zu erwartenden Lieferumfang für die Wirkstoffe. Das Kriterium Produktbreite sei nicht hinreichend klar beschrieben und intransparent. Den Bietern werde ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt. Nach § 5 VOL/A hätten regionale Lose gebildet werden müssen. Die Ausschreibung sei nicht EU-weit erfolgt. Es fehlten Kriterien für die Vergabe der Einzelaufträge. Die Antragsgegnerinnen bildeten ein unzulässiges Einkaufskartell. Sie hätten nicht dafür gesorgt, dass nicht auskömmliche Angebote ausgeschlossen würden. Schließlich genüge die Vorabinformation der Antragsgegnerinnen nicht der Vorschrift des § 13 VgV.

Die Antragsgegnerinnen sind dem entgegen getreten.

Die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB seien nicht einschlägig. Sie seien bereits nicht als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB anzusehen. Weder würden sie durch öffentliche Körperschaften überwiegend finanziert (diese erfolge vielmehr durch Krankenversicherungsbeiträge, deren gesetzliche Anordnung reiche für den gefordert...

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