Leitsatz (amtlich)

Ordnet der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung Dauertestamentsvollstreckung bis zum Tode des Vorerben an und bestimmt er darin zugleich, dass die Testamentsvollstreckung ende, sobald der Vorerbe keine Schulden mehr hat, insbesondere erfolgreich ein Restschuldbefreiungsverfahren im Rahmen einer Privatinsolvenz durchgeführt worden ist, liegt hierin eine Einschränkung, die im Testamentsvollstreckerzeugnis zu vermerken ist.

 

Normenkette

BGB §§ 2209, 2361, 2365, 2368

 

Verfahrensgang

AG Duisburg (Aktenzeichen 42 VI 703/10)

 

Tenor

Das Testamentsvollstreckerzeugnis wird eingezogen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die am 26.8.2010 in Moers, ihrem letzten Wohnsitz, verstorbene Erblasserin hat mehrere Verfügungen von Todes wegen hinterlassen, und zwar den Erbvertrag vom 28.7.1966 (URz. 929/1966 des Notars W. in Duisburg- Rheinhausen: Erblasserin und Ehemann setzen sich gegenseitig zu Erben ein; Überlebender wird befreiter Vorerbe; Beteiligte zu 2 wird als Nacherbin eingesetzt), den Erbvertrag vom 1.2.2001 (URz. 174/2001 des Notars We. in Duisburg- Rheinhausen: Widerruf des Erbvertrages; der Ehemann setzt die Erblasserin ein; die Erblasserin setzt den Ehemann zum befreiten Vorerben und die Beteiligte zu 2 - einseitig widerruflich - zur alleinigen Nacherbin ein) und das Testament vom 23.8.2010 (URz. 1444/2010 des Notars Dr. K. in Duisburg- Rheinhausen: die Erbeinsetzung wird widerrufen; die Beteiligte zu 2 wird Alleinerbin, aber nur befreite Vorerbin; zum alleinigen Nacherben wird der T. D. e.V. - Tierheim Duisburg - bestimmt; der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein; Vermächtnisse werden ausgesetzt; die Dauertestamentsvollstreckung gem. § 2209 BGB bis zum Tod der Vorerbin sowie die Ernennung des Beteiligten zu 1 zum Testamentsvollstrecker werden angeordnet; der Testamentsvollstrecker soll gem. § 2216 Abs. 2 BGB nur solche Leistungen an die Beteiligte zu 1 erbringen, durch die Leistungen staatlicher Stellen nicht geschmälert werden und auf die Gläubiger keinen Zugriff haben; die Testamentsvollstreckung soll enden, wenn die Beteiligte zu 2 keine Schulden mehr hat.).

Unter dem 31.8./1.9.2010 beantragte der Beteiligte zu 1 aufgrund des Testaments vom 23.8.2010 die Ausstellung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Unter dem 11.10.2010 wies das Nachlassgericht auf Ergänzungsbedürftigkeit des Antrags hin. Im Testamentsvollstreckerzeugnis und entsprechend auch im Antrag, müsse verlautbart werden, dass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet sei; das sei jedoch unklar, weil dem Testament nicht zu entnehmen sei, dass eine der Anordnungen ggü. der anderen Vorrang habe.

Hierauf teilte der Beteiligte zu 1 unter Übersendung des Originals des Testaments vom 23.8.2010 mit, der Passus, wonach die Testamentsvollstreckung erlischt, wenn die Erbin "keine Schulden mehr hat ...", sei lediglich als Hinweis an den Testamentsvollstrecker zu sehen, zu diesem Zeitpunkt die Vermögenswerte der Erbin zuzuwenden, so dass faktisch die Testamentsvollstreckung beendet werde. Der Erblasser habe gewollt, dass der Nachlass der Erbin zukomme, sobald sich deren Vermögenssituation geklärt habe. Es habe dem Willen der Erblasserin entsprochen, hinsichtlich der zeitlichen Dauer der Testamentsvollstreckung eine Dauervollstreckung gem. § 2209 BGB bis zum Tod der Vorerbin anzuordnen.

Mit Beschluss vom 24.11.2010 hat das AG dem Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, mit der Maßgabe, dass Dauertestamentsvollstreckung gem. § 2209 Satz 1 Halbs. 2 BGB angeordnet sei und diese bis zum Tode der Vorerbin (Beteiligten zu 2) andauere.

Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 2 mit der Beschwerde, mit der sie geltend macht, ausweislich der testamentarischen Regelung gebe es "durchaus Möglichkeiten, wonach das Vorerbe zum Vollerbe erstarkt. Eine Testamentsvollstreckung über die bisherig getroffene Anordnung hinaus ...(sei) weder notwendig, noch ... begründet."

Das AG hat durch Beschluss vom 2.12.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Senat vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.1. Das Rechtsmittel ist mit dem Ziel der Einziehung des bereits erteilten Testamentsvollstreckerzeugnisses zulässig (§§ 38, 58, 59 Abs. 1; 63; 354, 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG; 2368 BGB; Keidel/Meyer-Holz FamFG 16. Aufl. 2009 § 59 Rz. 82).

2.a) Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Die spätestens in der Nichtabhilfe liegende Ablehnung einer Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist zu beanstanden.

Nach §§ 2368 Abs. 3,2361 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen, wenn sich ergibt, dass es unrichtig ist. Dies ist der Fall, wenn sein Inhalt hinsichtlich der Angaben, die nach § 2365, 2368 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Gutglaubensfunktion von Bedeutung sind, mit dem materiellen Recht nicht übereinstimmt, insbesondere nicht alle v...

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