Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.10.2015; Aktenzeichen 20 KLs 32/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen den Beschluss der 20. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Oktober 2015 (20 KLs 32/14) wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dort entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Die Anklage wirft dem Angeschuldigten (Abrechnungs-)Betrug zum Nachteil seiner (Privat-)Patienten in insgesamt 367 Fällen vor. Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt. Hiergegen richtet sich die - von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene - sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wuppertal.
I.
1. Der Anklageschrift liegt folgender Erkenntnisstand zugrunde:
Der Angeschuldigte betrieb - in Praxisgemeinschaft mit Dr. K. - zur Tatzeit eine Arztpraxis auf der N.straße 24-26 in D. Im Jahr 2000 wurde er Mitgesellschafter der bereits in den 70er Jahren gegründeten Ärztlichen Apparategemeinschaft D-Mitte GbR (im Folgenden: ÄAG), die ein Labor auf der Zstr. 19 in D. betrieb. Die ÄAG hatte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum etwa 500 bis 1000 Mitglieder und beschäftigte sowohl in der Verwaltung als auch im Labor eine Vielzahl von Mitarbeitern. Ihre Geschäftsführer, darunter die Zeugen Dres. J. und N., betrieben daneben - in anderen Räumlichkeiten - ihr Facharztlabor, die Gemeinschaftspraxis Medizinische Laboratorien D. Der Angeschuldigte selbst verfügt nicht über den Fachkundenachweis für Labordiagnostik oder eine entsprechende Äquivalenzbescheinigung.
Auf Veranlassung der ärztlichen Mitgesellschafter, so auch des Angeschuldigten, wurden in den Räumlichkeiten der ÄAG Laborleistungen des Abschnitts M III ("Speziallabor") des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erbracht. Hierbei handelte es sich um auf 23 speziell ausgewählte Parameter bezogene Probenuntersuchungen, die sämtlich voll automatisch und computergesteuert in Untersuchungsgeräten ablaufen (sogenannte Black-Box-Verfahren). Während die ÄAG bei ihren Mitgliedern hierfür lediglich den - deutlich unterhalb der Gebührensätze der GOÄ liegenden - Kostenaufwand liquidierte, rechneten die als Gesellschafter beteiligten Ärzte die von ihnen veranlassten M III-Untersuchungen des Labors unmittelbar als eigene Leistungen nach der GOÄ gegenüber ihren Privatpatienten ab. So verfuhr auch der Angeschuldigte in den der Anklage zugrunde liegenden 367 Fällen des Tatzeitraums (15. April 2008 bis Ende Dezember 2012).
Für die Durchführung der fraglichen M III-Untersuchungen war gesellschaftsintern folgender Ablauf vorgesehen:
In der Arztpraxis des jeweiligen ÄAG-Gesellschafters wurden den Patienten die Proben entnommen (und - im Falle des Angeschuldigten - auch bereits zentrifugiert). Die Probenröhrchen wurden nach einer Begutachtung durch den Arzt mit einem Barcodeaufkleber versehen, und es wurde eine Anforderungskarte ausgefüllt, aus der sich die durchzuführenden Untersuchungen ergaben, bevor der Arzt selbst oder ein damit beauftragter Fahrdienst die Proben ins Labor transportierte.
Im Labor erfolgte eine Trennung der Probenröhrchen von den Anforderungskarten, und letztere wurden eingescannt. Nach einer automatisch ablaufenden - im Falle des Angeschuldigten erneuten - Zentrifugation der Proben wurden die Probenröhrchen in Metallgestelle eingestellt und über einen automatischen Probenverteiler den entsprechenden Untersuchungsgeräten zugeführt. Dort wurden die Barcodes eingescannt, und der Computer glich die Patientendaten mit denen der Anforderungskarten ab. Die für den jeweiligen Patienten angeforderten Untersuchungen wurden vollautomatisch durchgeführt. Nach Abschluss der Untersuchung führte zunächst ein Labormitarbeiter eine "technische Validation" durch.
Zu einem späteren Zeitpunkt erschien der abrechnende Arzt im Labor, rief dort an einem eigens eingerichteten Computerarbeitsplatz mittels Eingabe seines Benutzernamens und eines Passworts die Befunde der von ihm angeforderten M III-Untersuchungen auf und prüfte diese auf medizinische Plausibilität ("medizinische Validation"). Traten hierbei Auffälligkeiten oder Ungereimtheiten zutage, so konnte der abrechnende Arzt eine nochmalige Untersuchung der im Labor mindestens eine Woche lang gekühlt - und damit für eine erneute Untersuchung verwendbar - aufbewahrten Probe veranlassen. Andernfalls gab er den jeweiligen Befund per Knopfdruck frei. Erst nach dieser Freigabe wurden die Befundberichte erstellt und dem abrechnenden Arzt übermittelt.
Die laborinterne Qualitätssicherung erfolgte über mehrfach am Tag durchgeführte Qualitätskontrollen und durch Teilnahme an sogenannten Ringversuchen. Deren Ergebnisse konnten die ärztlichen Mitglieder der ÄAG am Validierungscomputer einsehen; ferner lagen die Wartungshandbücher der verwendeten Untersuchungsgeräte in den Laborräumlichkeiten zu Einsichtszwecken aus. Di...