Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsanwalt hat ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten sorgfältig zu prüfen und das Gericht auf Fehler des Sachverständigen hinzuweisen (hier: fehlerhafte Flächenangaben in Bewertungsgutachten im Zugewinnausgleichsprozess).
Normenkette
BGB §§ 280, 675, 1375
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 34/05) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das LG den Beklagten zur Zahlung von 18.659,03 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das landgerichtliche Urteil ist richtig und die Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
I. Der Beklagte ist dem Kläger wegen defizitärer Vertretung in dem Zugewinnausgleichsverfahren vor dem FamG Mettmann (Az. 42 F 239/00) zur Zahlung von Schadensersatz in der zuerkannten Höhe verpflichtet (§§ 675, 611, 280 BGB).
1. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, das zur Ermittlung des Zugewinns vom FamG eingeholte Gutachten des Sachverständigen P. sorgfältig zu überprüfen, weshalb ihm die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Endvermögens fehlerhafte Berechnung der Grundstücksgröße verborgen geblieben ist.
Die zutreffende Grundstücksgröße beträgt 1.052 qm (vgl. Bodenwert zum Bewertungsstichtag 2.8.1974), während der Sachverständige zum Bewertungsstichtag am 29.5.1998 eine Fläche von 1.231 qm zugrunde legte. Von diesen Feststellungen ist das LG zutreffend ausgegangen, denn der Beklagte ist diesem Vorbringen des Klägers nicht substantiiert entgegen getreten (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Erstinstanzlich hat er lediglich bestritten, dass die vom Sachverständigen mit 1.231 qm angenommene Grundstücksfläche unrichtig sei (Schriftsatz vom 12.3.2005, S. 2, GA 24). Dies stellte jedoch kein substantiiertes Bestreiten dar. Ein solches wäre jedoch im Hinblick darauf, dass der Beklagte aufgrund seiner Tätigkeit für den Kläger im Zugewinnausgleichsverfahren im Einzelnen mit der Entwicklung von dessen Vermögensverhältnissen während der Ehezeit vertraut war, erforderlich gewesen. Zwischen den Parteien steht nämlich nicht im Streit, dass das Grundstück des Klägers zwischen 1974 und 1998 keine Vergrößerung durch den Zukauf weiterer Flächen o.ä. erfahren hat. Das dahingehende Vorbringen des Klägers ist unstreitig geblieben. Geht man hiervon aus, muss die Flächenangabe mit 1.231 qm jedoch unrichtig sein, denn zum einen wird die Abweichung zur Grundstücksgröße von 1.052 im Jahr 1974 nicht plausibel und zum anderen geht aus anderen zur Ermittlung der Grundstücksgröße vorhandenen Unterlagen hervor, dass 1.052 qm zutreffend sind (Gutachten des von der Ehefrau des Klägers beauftragten Sachverständigen J., der unter Bezugnahme auf die Grundstücksdaten laut Grundbuchauszug eine Flurstücksgröße von insgesamt 1.052 qm festhielt).
2. Diese offenkundige Fehlerhaftigkeit des Sachverständigengutachtens hätte dem Beklagten auffallen müssen. Er war aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zur sorgfältigen und fachkundigen Beratung und Betreuung des Klägers als Mandanten verpflichtet, mithin auch zur Überprüfung des vom FamG eingeholten Gutachtens. Dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Soweit der Beklagte einwendet, auch der Kläger selbst hätte diesen Fehler bemerken müssen, ändert dies nichts an der Pflichtwidrigkeit seines Unterlassens. Denn er war im Verhältnis zum Kläger zu einer sorgfältigen und eigenverantwortlichen Prüfung verpflichtet. Auch der Umstand, dass das FamG diesen Fehler hätte bemerken müssen, führt zu keiner anderen Beurteilung (BGH v. 28.6.1990 - IX ZR 209/89, BRAK 1990, 251 = MDR 1991, 240 = NJW-RR 1990, 1241 [1242]; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rz. 1034 "Rechtsirrtum, Eigenverantwortung", m.w.N.). Denn der Rechtsanwalt ist allenfalls entlastet, wenn er selbst keinen Fehler gemacht hat.
3. Hätte der Beklagte nach sorgfältiger Überprüfung den Fehler des Sachverständigen dem FamG schriftsätzlich zur Kenntnis gebracht, hätte dieses den zu zahlenden Zugewinnausgleich zutreffend und entsprechend der Berechnung des Klägers in der Klageschrift errechnet. Die hypothetische Betrachtung, wie der Vorprozess bei sachgemäßer anwaltlicher Vertretung entschieden worden wäre, betrifft nicht nur Rechtsfragen, sondern auch Tatsachenfeststellungen. Die Frage, wie der Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen, beantwortet sich nach § 287 ZPO, weil es sich um ein Element haftungsausfüllender Kausalität handelt (BGH v. 16.6.2005 - IX ZR 27/04, BGHZ 163, 223 f. = BGHReport 2005, 1314 m. Anm. Mätzig = MDR 2005, 1319 = NJW 2005, 3071, m.w.N.). Es bedarf keiner vertieften Ausführungen darüber, dass eine entsprechende Entscheidung des FamG zumindest überwiegend wahrscheinlich gewesen wäre.
4. Durch das pflichtwidrige Unterlassen des Beklagten ist dem Kläger ein Schaden in der geltend ...