Leitsatz (amtlich)
Auch die streitwerterhöhende Hilfsaufrechnung ist ein Verteidigungsmittel und stellt keinen Antrag im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG dar. Deshalb schuldet die Kosten auch hierfür die das Verfahren einleitende Partei.
Für eine sinngemäß einschränkende Auslegung auf Fälle der streitwerterhöhenden Hilfsaufrechnung ist kein Raum (entgegen OLG Oldenburg, Beschluss vom 15.11.2005, Az.: 9 W 42/05, BeckRS 2008, 10466).
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 5 T 1/24) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerinnen gegen den Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 06.03.2024 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 18.03.2024 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 06.03.2024 ist zulässig, nachdem das Landgericht als Beschwerdegericht diese in seinem Beschluss zugelassen hat (§ 66 Abs. 4 Satz 1 GKG). Sie ist aber unbegründet.
II. 1. Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG. Eine solche Rechtsverletzung ist im Ergebnis nicht festzustellen.
Dem Vorbringen der Beschwerde, die Klägerinnen hafteten nicht nach § 22 Abs. 1 GKG für jene zusätzlichen Kosten, die der unter gesetzlicher Betreuung stehende Beklagte mutwillig dadurch verursacht habe, dass er verschiedene unbegründete Forderungen hilfsweise zur Aufrechnung gestellt hat, ist kein Erfolg beschieden.
2. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG schuldet in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich derjenige die Kosten, der das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Es gilt damit das Prinzip der Antragstellerhaftung. Zum Antragsteller wird der Beklagte, wenn er zum eigenständigen Angriff übergeht und etwa Widerklage erhebt (vgl. hierzu: Hartmann in: Hartmann, Kostengesetze online, 4. Lieferung, 11/2022, § 22 GKG Rn. 4; Toussaint, Kostenrecht, 53. Auflage, § 22 Rn. 7). Aufrechnungen sind nach allgemeiner Meinung hingegen ein bloßes Verteidigungsmittel und stellen keine kostenrechtlich relevanten Anträge dar. Dies gilt auch für die streitwerterhöhende Hilfsaufrechnung (vgl. hierzu: BGH NJW 84, 1964, 1967; Saenger, Zivilprozessordnung, 10. Auflage, 2023 Rn. 3; BeckOK, KostR/Semmelbeck, GKG, § 22 Rn. 17). So unterscheidet denn auch § 282 Abs. 2 ZPO zwischen den eigentlichen Anträgen und den Angriffs- und Verteidigungsmitteln (hierzu auch: BGH, NJW 1986, 2257).
Für die von dem Beklagten im hiesigen Verfahren geltend gemachten Hilfsaufrechnungen haften daher die Klägerinnen als Antragsteller (so auch: LG Dresden, Beschluss vom 30.01.2003, LSK 2003, 500518).
3. Der Senat folgt nicht der Argumentation des OLG Oldenburg (Beschluss vom 15.11.2005, Az.: 9 W 42/05), wonach eine sinngemäße einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 22 Abs. 1 GKG ergäbe, dass jeder, der die Gerichte für die Durchsetzung seiner Rechte in Anspruch nehme, die dadurch entstandenen Kosten zu tragen habe.
Im Ergebnis handelt es sich nicht um eine einschränkende Auslegung, denn der Anwendungsbereich der Vorschrift wird nicht eingeengt, sondern erweitert. Er soll auch auf die Fälle der Hilfsaufrechnung erweitert werden und zwar nur auf die Fälle der Hilfsaufrechnung, die streitwerterhöhend wirken (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG). Das OLG Oldenburg will nach seiner Begründung aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten jedem, der die Gerichte für die Durchsetzung seiner Rechte in Anspruch nimmt, die dadurch entstehenden Kosten auferlegen. Da der Fall der hilfsweise erklärten Aufrechnung nicht geregelt sei, will es § 22 Abs. 1 GKG hierauf sinngemäß anwenden. Hierbei handelt es sich um den Fall eines Analogieschlusses, der nach Auffassung des Senats nicht zulässig ist. Es fehlt an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
4. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urteil vom 17.11.2009, - XI ZR 36/09, Rn. 23, recherchiert nach Juris).
Dass der Gesetzgeber bei der Abfassung der einzelnen Kostenhaftungsregelungen unbeabsichtigt von seinem Regelungsplan abgewichen ist, ist nicht erkennbar. Vielmehr ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu dem ursprünglichen § 49 GKG, dass der Gesetzgeber den Antragsteller im kostenrechtlichen Sinne demjenigen im verfahrensrechtlichen Sinne gleichstellt und hierbei in einem strengen Sin...