Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung einer Praxis im Zugewinnausgleich, hier: latente Steuerlast

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Berücksichtigung der sog. latenten Steuerlast bei einer Bewertung einer Praxis im Zugewinnausgleich.

 

Normenkette

BGB § 1378 Abs. 1, § 1375 Abs. 1, § 1384; EStG §§ 16, 18 Abs. 3, § 34 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1, § 37 Abs. 1, 3, § 51a

 

Verfahrensgang

AG Neuss (Aktenzeichen 46 F 470/03)

 

Tenor

I. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 84.659,50 EUR, davon 51.631 EUR Berufung der Antragsgegnerin, 33.028,50 EUR Berufung des Antragsgegners festgesetzt.

II. Der Senat weist zur Vorbereitung des anstehenden Verhandlungstermins darauf hin, dass die Berufung der Antragsgegnerin nach dem derzeitigen Sach - und Streitstand insoweit erfolgversprechend ist, als sie - einschließlich des erstinstanzlich titulierten Betrages - einen Zugewinnausgleich auf 33.737,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem ... 2007 (Rechtskraft der Scheidung) geltend machen will, sowie die Berufung des Antragsstellers unbegründet ist.

 

Gründe

I. Gemäß § 1378 Abs. 1 BGB hat der Ehegatte, dessen Zugewinn den des anderen übersteigt, ihm die Hälfte des Überschusses zu zahlen. Dabei ist Zugewinn der Betrag, den das positive Endvermögen (§ 1375 Abs. 1 BGB) vom Tage der Zustellung des Scheidungsantrags (hier der ... 10.2003) sein positives Anfangsvermögen gem. § 1384 Abs. 1 BGB zu Beginn des Güterstandes am ... 12.1995, dem Tag der Eheschließung der Parteien, übersteigt.

II. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass sich der Zugewinn der Antragsgegnerin auf 1.550 EUR beläuft. Ebenso außer Streit ist, dass der Antragsteller kein Anfangsvermögen besaß; ferner ist als Endvermögensposition der Rückkaufwert der Lebensversicherung des Antragstellers vom 3.055 EUR zwischen den Parteien unstreitig.

Ebenso außer Streit ist zwischen den Parteien, dass bei der Bemessung des Wertes der Praxis des Antragstellers auf den 31.3.2003 abzustellen ist. Nach dieser Einigung auf einen geänderten Bewertungsstichtag kann es entgegen der Annahme des Antragstellers in seiner Berufungsbegründung (Bl. 181 GA) darauf, dass er zwischen dem 1.4.2003 und dem ... Oktober 2003 - den Praxiswert mindernde - Überentnahmen aus der dann gemeinschaftlich betriebenen Zahnarztpraxis vorgenommen haben will, logischerweise nicht ankommen.

Im Wesentlichen im Streit befindlich zwischen den Parteien sind die Frage der Zurechnung einer Ansparrückstellung des Antragstellers sowie ferner die auf die Ansparrückstellung und den Praxiswert entfallende latente Steuerlast, ferner die im Übrigen vom Endvermögen des Antragstellers abzuziehenden Einkommensteuern.

1. Die Ansparrückstellung stellt keinen besonderen Endvermögenswert dar, sondern ausschließlich einen steuerlich relevanten Rechnungsposten, durch welche die Versteuerung eines Gewinnes um bis zu zwei Jahre nachverlagert werden kann.

2. Die Ertragsteuern, die gem. §§ 16, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei einer Veräußerung des Praxisanteils des Antragstellers anfallen, sind als wertmindernde Belastungen zu berücksichtigen. Dabei ist es unerheblich, ob der Antragsteller zum Stichtag ... 10.2003 seine Praxis veräußern oder fortführen wollte. In Konsequenz der Bewertungsmethode wird ein Verkauf fiktiv unterstellt, so dass die mit der Auflösung der stillen Reserven verbundenen unvermeidbaren Veräußerungserträge vom fiktiven Veräußerungserlös abzuziehen sind (BGH FamRZ 1991, 43, 48).

Diese latenten Ertragssteuern sind zu ermitteln aus den (fiktiven) Steuern aus der Veräußerung der Praxis zzgl. negativem Buchwert abzgl. Ansparrücklage abzgl. der im Einkommenssteuerbescheid für 2003 vom ... 2006 Bl. 238 GA) mit 36 EUR und 5.069 EUR berücksichtigten Sonderausgaben.

Die latente Ertragssteuerlast des Antragstellers errechne sich danach wie folgt:

Veräußerungsgewinn (Gutachten S. 76) 267.600 EUR

Buchwert nach Neutralisierungmit der Ansparrücklage 50.030 EUR

abzgl. Sonderausgaben 36 EUR

5.069 EUR

312.525 EUR.

Hierauf entfällt unter Berücksichtigung der Einkommensteuer nach der Grundtabelle folgende Steuer:

Einkommenssteuer 141.706 EUR

Solidaritätszuschlag 7.794 EUR

Kirchensteuer wird nicht gezahlt ...

Gesamtsteuer 149.500 EUR

Damit verbleibt im Endvermögen des Antragstellers ein zu berücksichtigender Praxiswert von (267.600 EUR abzgl. Steuern 149.500 EUR) 118.100 EUR

4. Des Weiteren ist das Endvermögen des Antragstellers zu mindern um die bis zum Stichtag ... 10.2003 entstandenen und noch nicht gezahlten Steuern.

Die mit Bescheiden vom ... 2003 (Bl. 235, 236 f. GÜ) für die Kalenderjahre 2001 und 2002 zu Lasten des Antragstellers festgesetzten Steuern hat der Antragsteller bereits vor dem Stichtag ... 10.2003 ausweislich seiner Erklärung im Verhandlungstermin vom 19.9.2006 (Bl. 281 GA) beglichen.

Abweichend von der Vorstellung des Antragstellers sind die für das Kalenderjahr 2003 mit Bescheid vom 31.1.2006 (Bl. 238 GÜ) mit 51.519,26 EUR festgesetzten Einkommensteuern für das Kalenderjahr 2003 anteilig nicht zu b...

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