Leitsatz (amtlich)
1. Im Beschwerdeverfahren gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Titel nach EuGVVO ist der Schuldner mit liquiden Einwendungen ebenso ausgeschlossen wie mit illiquiden (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung unter Anschluss an BGH IX ZB 87/11 vom 10.10.2013 (BeckRS 2013, 18480) und EuGH NJW 2011, 3506).
2. Zur Auslegung eines dem Kläger gesetzliche Zinsen zusprechenden italienischen Urteils im Klauselerteilungsverfahren.
Normenkette
EuGVVO Art. 34-36, 43-45
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 13 O 344/13) |
Tenor
Auf das Rechtsmittel wird der angefochtene Beschluss unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert.
Das Urteil des Tribunale di Milano vom 12.3.2010, Aktenzeichen 3825/2010, in der Fassung des Berufungsurteils des Corte d áppelo di Milano, Aktenzeichen 1706/2011 RG vom 3.12.2013 wird für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für vollstreckbar erklärt, als die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin 319.637,54 EUR nebst gesetzlicher Zinsen i.H.v. 82.216,91 EUR für die Zeit vom 9.1.2003 bis 16.9.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3.
Wert: 483.620, 38 EUR
Gründe
I. Durch Urteil des Tribunale di Milano vom 12.3.2010, Aktenzeichen 3825/2010 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 23./25.2.2011 wurde die Antragsgegnerin zur Zahlung von 483.620,38 EUR nebst gesetzlicher Zinsen i.H.v. 124.290,34 EUR für den Zeitraum ab dem 9.1.2003 sowie zur Tragung der Kosten des Erkenntnisverfahrens i.H.v. 24.425 EUR an die Antragstellerin verurteilt; hiergegen hat die Antragsgegnerin zum Corte d -appello di Milano Berufung eingelegt.
Auf Gesuch der Antragstellerin vom 16.9.2013, einer italienischen Kapitalgesellschaft, die sich in Liquidation befindet, hat die Vorsitzende der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf am 20.9.2013 beschlossen, das erstinstanzliche Urteil mit der Klausel zu versehen, wonach das Urteil des Tribunale di Milano vom 13.3.2010, Aktenzeichen 3825/2010, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit vollstreckbar ist, als die Antragsgegnerin verurteilt wurde, an die Antragstellerin 483.620,38 EUR nebst gesetzlicher Zinsen i.H.v. 124.290, 34 EUR für die Zeit vom 9.1.2003 bis 16.9.2013 sowie weitere 24.425 EUR zu zahlen.
Gegen den vorbezeichneten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Sie macht geltend, mit ihrem Rechtsmittel gegen das Urteil des italienischen Gerichts rüge sie insbesondere, dass dieses einen Kommissionsbetrag von 152.740, 47 EUR nicht abgezogen habe, was zur Reduktion der Urteilssumme um diesen Betrag führen werde.
Sie, die Antragsgegnerin, habe zudem ein - seit 17.7.2012 - rechtskräftiges Urteil des LG Düsseldorf vom 3.5.2006 erwirkt, wonach ihr gegen die Antragstellerin ein Anspruch i.H.v. 27.622.350 JPY nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 1.12.2001 und aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses in dieser Sache ein Zahlungsanspruch von 14.227,19 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 9.8.2006 aus einem Betrag von 2.017,60 EUR, insgesamt per 24.10.2013 ein Betrag von etwa 363.609 EUR, zustehe.
Zwischenzeitlich habe sie, die Antragsgegnerin, aufgrund dieses in Italien für vollstreckbar erklärten rechtskräftigen Urteils wegen des vorgenannten Betrages die (Selbst-) Pfändung der gegen sie gerichteten Forderung der Antragstellerin beantragt, was in dieser Höhe zur Konfusion führe und rechtlich unbedenklich sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Beschluss des LG Düsseldorf vom 20.9.2013 - 13 O 344/13 - zu ändern und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des Tribunale di Milano vom 12.3.2013 - Aktenzeichen 3825/2010 - zurückzuweisen;
2. hilfsweise:
unter Änderung der angefochtenen Entscheidung das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem vorbezeichneten erstinstanzlichen italienischen Verfahren auszusetzen;
3. äußerst hilfsweise:
das Urteil des Tribunale di Milano vom 12.3.2010 - Aktenzeichen 3825/2010 - unter Änderung der angefochtenen Entscheidung gegen Sicherheitsleistung der Antragstellerin in Höhe des vollstreckbaren Betrages für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Beschwerde.
Sie macht geltend, wenn überhaupt, so könnten nach § 12 AVAG nur nach Erlass der zu vollstreckenden Entscheidung entstandene Einwendungen erhoben werden; das Urteil des LG Düsseldorf sei indes im Jahre 2006, und somit vor dem Erlass des Mailänder Urteils im Jahre 2010, ergangen.
Im Wege der Selbstpfändung versuche die Antragsgegnerin die Wirkung der Konfusion zu erzielen und die Forderung, die sie problemlos - ggf. im Wege der Aufrechnung - in das Mailänder Erkenntnisverfahren habe einbringen können, nunmehr als eine vermeintlich erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils entstandene Einwendung darzustellen. Sie, die Antragstellerin, habe im Rahmen der...