Leitsatz (amtlich)
Der schuldrechtliche Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Überschusses nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Antragsrücknahme ist nach den allgemeinen Vorschriften abtretbar und pfändbar. Da der Anspruch auf Auszahlung des Überschusses erst mit der Aufhebung des Verfahrens durch gerichtlichen Beschluss entsteht, handelt es sich um die Vorausabtretung eines künftigen Anspruchs. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Abtretungsempfänger an dem Anspruch auf Auszahlung des Überschusses aus der Zwangsverwaltung gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Recht erwerben, weil er bis zur Aufhebung des Zwangsverwaltungsverfahrens noch keine gesicherte Rechtsposition innehat.
Normenkette
InsO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 137/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Duisburg vom 02.07.2018 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.08.2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Gericht 1. Instanz zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Verwalter in dem auf einen Antrag vom 30.03.2015 hin am 01.04.2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des J. (Schuldner) einen Anspruch auf Freigabe des hinterlegten Erlöses aus der Zwangsverwaltung einer ehemals dem Schuldner gehörenden Immobilie geltend. Der Schuldner war Eigentümer der Immobilie W.-straße in M. Auf dem Grundstück lasteten u.a. Grundschulden, die in Höhe von nominal mehr als 650.000 EUR an die Beklagte abgetreten waren. Die Immobilie stand unter Zwangsverwaltung, außerdem war auf Betreiben der Beklagten die Zwangsversteigerung angeordnet. Mit notariellem Kaufvertrag vom 01.12.2014 (Anl. K 3) verkaufte der Schuldner die Immobilie für 740.000 EUR; der Kaufgegenstand sollte lastenfrei gestellt werden. In dem Vertrag trat der Schuldner sämtliches Guthaben aus dem Zwangsverwaltungsverfahren an die Beklagte als erstrangige Grundpfandgläubigerin ab (Anl. B 2, § 4 Ziff. 3). Der Zwangsverwalter wurde angewiesen, das nach Abzug der Gerichtskosten und seiner Kosten verbleibende Guthaben auf ein noch zu benennendes Konto der Beklagten auszukehren. Die Abtretung war auf Verlangen der Beklagten, die an dem Kaufvertrag nicht beteiligt und bei der Beurkundung nicht zugegen war, in den Vertrag aufgenommen worden. Die Beklagte erhielt eine beglaubigte Abschrift des Vertrages.
Der Zwangsverwalter hat nach Abrechnung (erst) im Jahr 2017 einen Betrag i.H.v. 43.861,85 EUR bei der Hinterlegungsstelle des AG M. hinterlegt, dessen Freigabe der Kläger erstrebt. Der Kläger meint, die Abtretung des Guthabens aus der Zwangsverwaltung sei gem. § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, da die Beklagte die Annahme (nur) gegenüber dem Zwangsverwalter innerhalb der Drei-Monats-Frist vor dem Insolvenzantrag erklärt habe. Der Schuldner sei bereits Anfang 2015 zahlungsunfähig gewesen. Eine Erklärung der Beklagten sei nach der Verkehrssitte zu erwarten gewesen; der notarielle Vertrag enthalte keinen Verzicht auf die Annahmeerklärung. Abgesehen davon handele es sich um eine Vorausabtretung. Für die Anfechtung sei entscheidend, wann die im Voraus abgetretene Forderung entstanden sei (§ 140 Abs. 1 InsO); das sei hier erst im Jahr 2017 der Fall gewesen, da die Abrechnung des Zwangsverwaltungsverfahrens erst im Jahr 2017 möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei die Abtretung des Guthabens anfechtbar nach § 133 Abs. 1 InsO. Der Schuldner habe im Zeitpunkt der Abtretung bereits gewusst, dass er nicht in der Lage gewesen sei, seine Gläubiger vollständig zu befriedigen. Hiervon habe die Beklagte auch Kenntnis gehabt, was bereits das Verlangen auf Sicherung im Kaufvertrag nachweise.
Die Beklagte macht geltend, die Abtretung sei bereits unmittelbar am Tag der Beurkundung wirksam geworden. Da die Abtretung im Vorfeld mit ihr abgestimmt und auf ihr Verlangen in den Kaufvertrag aufgenommen worden sei, habe der Schuldner zumindest stillschweigend auf eine förmliche Annahme verzichtet. Bei objektiv lediglich vorteilhaften Geschäften - wie hier - reiche es zur Bestätigung des Annahmewillens jedenfalls aus, dass sie, die Beklagte, die ihr zugesandte beglaubigte Abschrift des Vertrages nicht nur behalten, sondern auch am Vollzug des Vertrages mitgewirkt habe. Da sie Betreiberin des Zwangsverwaltungsverfahrens und erstrangige Grundpfandrechtsgläubigerin sei, hätte sie die Zahlung ohne den Verkauf des Grundstücks sowieso erhalten.
Das Landgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Es liege eine wirksame Abtretung außerhalb der Drei-Monats-Frist des § 130 InsO vor, da es hier einer ausdrücklichen Annahme durch die Beklagte gegenüber dem Schuldner nicht bedurft habe. Die Forderung habe auch bereits bei der Abtretung zum 01.12.2014 bestanden, die Abrechnung durch den Zwangsverwalter sei nicht maßgeblich...