Leitsatz (amtlich)
Ohne Anhaltspunkte für willkürliche Verfahrensweise der Ermittlungsbeamten, ist auch die Verwertung einer gesetzeswidrig entnommenen Blutprobe zulässig
Verfahrensgang
AG Neuss (Entscheidung vom 22.09.2009) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 22. September 2009 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt, ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine 3-monatige Sperre angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Sprungrevision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am Montag, dem 26. Januar 2009 gegen 15.30 Uhr in mit einem Pkw öffentliche Straßen, obwohl er Alkohol getrunken hatte und infolgedessen fahruntüchtig war. Beim Abbiegen nach links geriet er auf den rechten Gehweg, wo er mit dem Pkw einen Unterstand für Mülltonnen anstieß und verdrehte und einen Blumentopf zerstörte. Die von dem Geschädigten herbeigerufenen Polizeibeamten bemerkten im Gespräch mit dem Angeklagten, dass er alkoholisiert war. Nachdem um 17.10 Uhr ein Vortest mit dem Gerät Dräger 6510 einen AAK-Wert von 0,79 mg/l ergeben hatte, brachten die Beamten den Angeklagten ohne Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft und ohne den Versuch, eine richterliche Anordnung zu erwirken, zur Polizeiwache, wo ihm um 18.25 Uhr und 18.55 Uhr Blutproben mit BAK-Werten von 1,83 ‰ und 1,73 ‰ entnommen wurden.
II.
Mit der Verfahrensrüge macht der Angeklagte geltend, das Ergebnis der Blutproben sei unverwertbar, weil er in die Blutentnahme nicht eingewilligt und sein Verteidiger in der Hauptverhandlung im Anschluss an seine Erklärung, dass er zur Sache keine Angaben mache, der Verwertung der Blutproben widersprochen habe. Ob dieser Vortrag in jeder Hinsicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspricht, kann offen bleiben, weil die Rüge jedenfalls unbegründet ist.
1.
Die Zulässigkeit der Rüge ist zweifelhaft, weil der Revisionsbegründung nicht eindeutig zu entnehmen ist, mit welcher Begründung der Angeklagte in der Hauptverhandlung der Verwertung der Blutproben widersprochen hat:
a)
Ein Beweisverwertungsverbot setzt nicht etwa nur voraus, dass der Angeklagte der Verwertung des Beweismittels überhaupt und rechtzeitig (bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt; BGHSt 52, 38 Rdnr. 15 ff = NJW 2007, 3587 m.w.N.) widersprochen hat. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete und fallbezogene Begründung des Widerspruchs, in der - zumindest in groben Zügen - anzugeben sind, unter welchem Gesichtspunkt der Angeklagte den zu erhebenden oder schon erhobenen Beweis für unverwertbar hält (BGHSt a.a.O.; OLG Hamm StV 2009, 462, 463). Dies folgt daraus, dass der Tatrichter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, allen möglichen oder denkbaren Verfahrensfehlern im Zusammenhang mit der Beweisermittlung von Amts wegen nachzugehen. Deshalb muss die Begründung des Widerspruchs die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt (BGHSt a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.; Diemer, in: KK, 6. Aufl. [2008], § 136 StPO Rdnr. 28; jeweils m.w.N.).
b)
Im Anwendungsbereich des § 81a StPO kommt als mögliche Angriffsrichtung in diesem Sinne neben der Umgehung des Richtervorbehalts des § 81a Abs. 2 StPO namentlich die unterlassene Belehrung des Beschuldigten über die Freiwilligkeit der Mitwirkung, die Nichtbeachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die Eingriffsvornahme durch einen Nicht-Arzt (Medizinalassistent, Krankenschwester oder Krankenpfleger), die bewusste Vortäuschung des Ermittlungsbeamten, dass die Blutprobe von einem Arzt entnommen werde, oder die Anwendung unerlaubten Zwangs in Betracht (OLG Hamm a.a.O. m.w.N.).
c) Mit der Revisionsbegründung macht der Angeklagte (allein) geltend, das Vorgehen der Polizeibeamten habe gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 StPO verstoßen. Dass er diesen rechtlichen Gesichtspunkt schon in der Hauptverhandlung ausdrücklich vorgebracht hat, ist nicht vorgetragen.
2.
Im Ergebnis ist die Verfahrensrüge jedenfalls unbegründet:
a)
Außer Frage steht, dass das Vorgehen der Polizeibeamten gesetzeswidrig war. Die Anordnung einer Blutentnahme ist nach § 81a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 1. Halbsatz StPO Sache des Richters. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung steht die Anordnung gemäß § 81a Abs. 2 2. Halbsatz StPO auch der Staatsanwaltschaft und den Polizeibeamten (Ermittlungspersonen, § 152 GVG ) zu. Anhaltspunkte für eine solche Gefährdungslage sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. In Nordrhein-Westfalen ist bei allen Amtsgerichten an allen Tagen in der Zeit von 6.00 bis 21.00 Uhr ein richterlicher Eildienst eingerichtet ( JMBl. NRW 2007, 165). Deshalb hätten die Polizeibeamten zunächst versuchen müssen, eine (auch telefonisch zulässige) richterliche Anordnung der Blutentnahme zu erwirken (vgl. BVerfG NJW 2007...