Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, der im Auftrage einer Mieterschutzvereinigung deren Mitglied fehlerhaft berät, kann dem Mitglied nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter haften.
Normenkette
BGB §§ 280, 328, 611, 675
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 28.01.2008; Aktenzeichen 3 O 362/07) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.1.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.594,13 EUR.
Gründe
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Berufung in der Sache keinen Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist.
I. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.1.2008 Bezug genommen. Der Senat hat dort ausgeführt:
"Im Ergebnis zu Recht hat das LG ihn zum Ersatz des von ihm durch anwaltliche Schlechtberatung verursachten Kostenschadens i.H.v. insgesamt 6.594,13 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Das Berufungsvorbringen vermag eine für den Beklagten günstigere Entscheidung nicht zu rechtfertigen:
1. Der Beklagte haftet den Klägern gem. §§ 280 Abs. 1, 328, 675 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte für die Folgen des von ihm den Klägern im November 2003 auftrags des Vereins "I. M. e.V." erteilten fehlerhaften Rechtsrats.
a) Entgegen der sich auf ein Urteil des LG Offenburg (NJW-RR 2003, 1703) stützenden Entscheidung des LG beschränkt sich die Haftung des Beklagten ggü. den Klägern nicht auf Pflichtverletzungen aus dem unmittelbar zwischen den Parteien erst im Juli 2004 (anlässlich der von der Vermieterin unter dem 13.7.2004 ausgesprochenen Kündigung) zustande gekommenen Mandatsverhältnis. Die grundlegende Ursache für die den Klägern im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung seitens der Vermieterin und dem nachfolgenden Räumungsprozess entstandenen Schäden hatte der Beklagte bereits durch seinen im November 2003 erteilten fehlerhaften Rechtsrat gesetzt, ggü. den Mietzinsansprüchen für die Zeit von Februar bis Juni 2004 mit einem vermeintlichen Gegenanspruch i.H.v. 4.097,31 EUR aufzurechnen und entsprechend keine Mietzahlungen zu leisten. Dieser Rat war - insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit - falsch, weil der Beklagte das im Mietvertrag zulässig vereinbarte Aufrechnungsverbot verkannte.
b) Für die Folgen dieser defizitären anwaltlichen Beratung haftet der Beklagte den Klägern ungeachtet des Umstandes, dass er im November 2003 noch nicht von den Klägern mandatiert war, sondern ihnen Rechtsrat im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im "I. M. e.V." erteilte. Zwar kann grundsätzlich nur der Vertragspartner eine vertragliche Haftung in Anspruch nehmen. Vertragspartner des Beklagten waren vor der Mandatierung durch die Kläger selbst im Juli 2004 nicht die Kläger, sondern der "I. M. e.V." in Düsseldorf. Anderes gilt aber dann, wenn - wie hier - nach dem Willen der Vertragsparteien Dritte in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sind. Von einem solchen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) immer dann auszugehen, wenn dem Vertragsschuldner die Einbeziehung des Dritten in den vertraglichen Schutzbereich bekannt oder zumindest erkennbar ist, die Rechtsgüter des Dritten durch die Vertragsleistung des Schuldners bestimmungsgemäß oder typischerweise beeinträchtigt werden können ("Leistungsnähe"), ein berechtigtes Interesse des Vertragsgläubigers am Schutz des Dritten besteht und der Dritte ein Schutzbedürfnis hat (vgl. BGH NJW 1985, 489 und 2411; 1996, 2927; 2004, 3630; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1314; GuT 2007, 287; MDR 2007, 988; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 328 Rz. 13 ff.; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rz. 1383 ff.; ders. NJW 2008, 1105; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rz. 102 ff.). Diese Grundsätze gelten auch für Anwaltsverträge; in einem solchen Fall sind die von einer Pflichtverletzung betroffenen Personen Adressaten der anwaltlichen Pflichten und berechtigt, bei pflichtwidriger Schadenszufügung durch den Anwalt von ihm Schadensersatz zu fordern (vgl. BGH NJW 1995, 51; NJW 2000, 725).
c) Die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte liegen hier vor: Inhalt und Zweck des dem Beklagten von dem Mieterschutzverein erteilten Auftrags war ersichtlich die Beratung Dritter, nämlich der Vereinsmitglieder, deren Rechtsgüter diesem Zweck entsprechend durch Fehlleistungen des Beklagten Nachteile erleiden konnten und hier auch erlitten haben. Die Drittbezogenheit der von dem Beklagten zu erbringenden Leistung war nachgerade der Kern des ihm erteilten Beratungsauftrag...