Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 01.12.2009; Aktenzeichen VK 3 - 205/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 1.12.2009 (VK 3-205/09) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der An-tragstellerin auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 185.000 EUR

 

Gründe

I. Von der Schifffahrtsverwaltung des Bundes wird zurzeit das Schiffshebewerk in Niederfinow errichtet. Im Zuge dessen beauftragte die Vergabestelle, das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin, die Beigeladene mit juristischen Beratungsdienstleistungen und dem juristischen Nachtragsmanagement. Vorausgegangen war ein im August 2009 begonnenes Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, zu dem drei Rechtsanwaltskanzleien eingeladen wurden und zwei Kanzleien Angebote einreichten. Gegenstand des Verfahrens war ein Vertragsentwurf, der u.a. bestimmte:

§ 1 Gegenstand des Vertrages

Bezeichnung der Leistung: Juristische Beratung und das Betreiben von Geschäften beim Neubau der Schiffshebewerkanlage Niederfinow

§ 3 Leistungen des Auftragnehmers

Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer folgende Leistungen:

Umfassende juristische Beratung des Wasserstraßen-Neubauamts Berlin sowie Betreiben von Geschäften während der Abwicklung des Projekts "Neubau des Schiffshebewerks in Niederfinow" in enger Zusammenarbeit mit dem AN-GTN. Frühzeitig sollen Sachverhalte auf ihre rechtlichen und kostenrelevanten Risiken untersucht werden.

Die Leistungen sollen insbesondere umfassen:

I. Mitwirkung an der Erarbeitung einer ergänzten Ablauforganisation;

II. juristische Prüfung der bisher angezeigten Mehrkosten, Nachträge, Bedenkenanmeldungen, Behinderungsanzeigen und Vorlage entsprechender Vorschläge für das weitere Vorgehen;

III. juristische Überprüfung der gesamten, das Bauprojekt betreffenden ein- und ausgehenden Korrespondenz mit einem Vorschlag für das weitere Vorgehen, insbesondere:

IV. Mitwirkung an der Formulierung oder die vollständige Übernahme der den konkreten, potentiellen (Teil-)Streitgegenstand betreffenden Korrespondenz,

V. juristische Prüfung neu eingehender Nachträge und Behinderungsanzeigen etc. dem Grunde nach und Vorlage entsprechender begründeter Vorschläge für das weitere Vorgehen,

VI. Erstellung juristischer Rahmenvorgaben für das baubetriebswirtschaftliche Nachtragsmanagement;

VII. Teilnahme an internen Besprechungen des AG;

VIII. Teilnahme an Besprechungen des AG mit dem AN sowie Betreiben weiterer Geschäfte im Zusammenhang mit dem Bauprojekt;

IX. Anfertigung von Rechtsgutachten mit konkreten Entscheidungsvorschlägen für das weitere Vorgehen, auch zur Vorlage beim BMVBS.

Die Vergabestelle hatte den voraussichtlichen Zeit- und Kostenaufwand in einer Aufwandschätzung nebst Erläuterungen mit etwa drei Mio. Euro netto beziffert. Der Vertrag wurde am 29.9.2009 mit der Beigeladenen geschlossen, nachdem die andere beteiligte Kanzlei gem. § 101a GWB über die Vergabeentscheidung informiert worden war. Am 17.10.2009 machte die Vergabestelle die Auftragsvergabe im Supplement zum Amtsblatt der EG bekannt. Darauf rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 23.10.2009 mehrere Vergaberechtsverstöße. Die Vergabestelle wies die Rügen unter dem 26.10.2009 zurück. Einen Tag danach brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag an.

Im Verfahren vor der Vergabekammer haben die Beteiligten insbesondere über die Wirksamkeit des Vertragsschlusses, über eine Beihilferechtswidrigkeit der Auftragsvergabe, das Erfordernis einer vorherigen EG-weiten Vergabebekanntmachung sowie über ein grenzüberschreitendes Interesse am Auftrag, die Zuschlagskriterien und das Unterbleiben einer Losaufteilung gestritten.

Die Antragstellerin hat Feststellung der Nichtigkeit des Vertragsschlusses und die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, die Auftragsvergabe in einem förmlichen, gemeinschaftsrechtskonformen Vergabeverfahren vorzunehmen. Daneben hat sie einen Hilfsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Ablehnung des Nachprüfungsantrags beantragt. Sie sind dem Vorbringen der Antragstellerin entgegengetreten.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag (als unzulässig) verworfen und zur Begründung ausgeführt: Der Nachprüfungsantrag sei unstatthaft, weil der Vertragsschluss wirksam sei. Die Vergabestelle sei nicht verpflichtet gewesen, das Vergabeverfahren mit einer europaweiten Bekanntmachung zu beginnen. Auf die Gründe des Beschlusses der Vergabekammer wird verwiesen.

Gegen die Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie im Wesentlichen vorbringt:

Durch die EG-Rechtsmittelrichtlinie sei eine Nachprüfung auch durch Vertragsschluss bereits beendeter Vergabeverfahren eröffnet. In diesem Zusammenhang regt die Antragstellerin ein Vorabentscheidungsersuchen zu mehreren Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft an. Der Vertrag sei auch beihilferechtswidrig geschlossen worden. Sie, die Antragstellerin, hätte sich, sofern sie von der Verg...

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