Verfahrensgang
LG Duisburg (Entscheidung vom 30.05.2008; Aktenzeichen 1 OH 211/06) |
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte, gemäß den §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 4.) ist begründet. Es ist das Ruhen des Verfahrens gemäß § 251 ZPO anzuordnen, soweit sich das selbständige Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin zu 4.) richtet. Der Antrag der Antragsgegnerin zu 4.) ist dahingehend auszulegen, dass sie das Ruhen des Verfahrens nur insoweit begehrt, als sich das selbständige Beweisverfahren gegen sie richtet.
1.)
Die Vorschrift des § 251 ZPO findet auch im selbständigen Beweisverfahren Anwendung.
a)
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob das Ruhen des Verfahrens auch im selbständigen Beweisverfahren angeordnet werden kann. Für die Anwendbarkeit der Vorschrift spricht sich das Kammergericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1996 aus (KG, NJW-RR 1996, 1086). Schon die Systematik des Gesetzes spreche für eine Anwendung, weil das selbständige Beweisverfahren Teil des im Zweiten Buch der Zivilprozessordnung geregelten "Verfahrens im ersten Rechtszug" sei. Darüber hinaus schließe der besondere Charakter des selbständigen Beweisverfahrens die Anordnung seines Ruhens nicht grundsätzlich aus, weil insbesondere nicht davon auszugehen sei, dass dieses in jedem Falle seiner Art. nach eilig sei.
Die Anordnung des Ruhens auch beim selbständigen Beweisverfahren befürworten ebenso Roth (Stein/Jonas-Roth, Zivilprozessordnung, 22. Aufl., 2006, § 251, RN 2, vor § 239, RN 3) und Stadler (Musielak-Stadler, Zivilprozessordnung, 5. Aufl., 2007, § 239, RN 1).
Demgegenüber lehnen Greger (Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 26. Aufl, 2007, § 251, RN 2) und Gehrlein (MüKo-Gehrlein, Zivilprozessordnung, 3. Aufl, 2008, § 251, RN 4; a. A. noch MüKo-Feiber, 2. Aufl., § 251, RN 4) die Anordnung des Ruhens des Verfahrens im Hinblick auf die Beschleunigungsbedürftigkeit des selbständigen Beweisverfahrens ab.
b)
Die systematische Stellung des § 251 ZPO im ersten Buch der Zivilprozessordnung spricht für seine Anwendung auf das in der Regel kontradiktorische selbständige Beweisverfahren. Ebenso enthalten die §§ 485 ff. ZPO keine Regelung, wonach die Vorschrift des § 251 ZPO nicht gelten soll (vgl. BGH, BauR 2004, 404 zu § 240 ZPO).
Darüber hinaus steht die Vorschrift des § 251 ZPO nicht im Widerspruch zu dem Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens und ist daher auf dieses anzuwenden.
Durch das selbständige Beweisverfahren soll dem Antragsteller zum einen die Möglichkeit einer schnellen Beweissicherung auch ohne Zustimmung des Gegners und unabhängig von einem Streitverfahren gegeben werden, wenn der Verlust oder die erschwerte Benutzung eines Beweismittels zu besorgen sind, § 485 Abs. 1, 2. Alt. ZPO. Zum anderen können durch ein selbständiges Beweisverfahren tatsächliche Vorfragen für die Beurteilung eines Anspruchs geklärt werden, wenn der Antragsteller hieran ein rechtliches Interesse hat, insbesondere wenn dadurch ein Rechtsstreit vermieden werden kann, § 485 Abs. 2 ZPO. Das soll den Weg zu einer erfolgversprechenden Güteverhandlung (vgl. § 492 Abs. 3 ZPO ) und zu einer raschen und kostensparenden Einigung der Parteien ohne einen sonst zu erwartenden Rechtsstreit ebnen (BGH, BauR 2004, 404).
Aufgrund der verschiedenartigen Zielsetzungen, die mit einem selbständigen Beweisverfahren nach der Vorstellung des Gesetzgebers verfolgt werden können, ist eine Anwendung der Vorschrift des § 251 ZPO nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Zwar dürfte die Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht in Betracht kommen, wenn die Besorgnis besteht, dass ein Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird (§ 485 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). In diesen Fällen steht die Eilbedürftigkeit des selbständigen Beweisverfahrens im Vordergrund. Die mit der Neuordnung der vorprozessualen Beweiserhebung durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz seit dem 01.04.1991 verbundene Ablösung des Beweissicherungsverfahrens durch das selbständige Beweisverfahren, die auf den Sicherungszweck für das schriftliche Sachverständigengutachten ganz und im übrigen bei Zustimmung des Gegners verzichtete, diente aber vor allem zur Entlastung der Gerichte und Förderung der gütlichen Streitbeilegung (vgl. RegE BT-Drucks. 11/3621, S. 24). Diese Zielsetzung kann in Fällen, in denen ein Verlust eines Beweismittels nicht mehr zu befürchten ist, die Anordnung des Ruhens des Verfahrens im Interesse der Herbeiführung einer raschen und kostensparenden Einigung der Parteien gebieten. Das selbständige Beweisverfahrens ist nicht in jedem Fall ein Eilverfahren, das der Beschleunigung bedarf (a. A. MüKo-Schreiber, § 485, RN 13; Zöller-Greger, § 251, Rn 2). Vielmehr kann die angestrebte gütliche Einigung der Beteiligten gerade eine Anordnung des Ruhens des Verfahrens als sinnvoll erscheinen lassen. Sollte allerdings im konkreten Fall die Eilbedürftigkeit einer Anordnung des Ruhens des Verfahrens entgegenstehen, steht das in § 251 ZPO...