Verfahrensgang
LG Krefeld (Entscheidung vom 24.09.2015; Aktenzeichen 22 Ks 2/15) |
Tenor
- Auf die Beschwerde des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt N. in E. wird der Beschluss der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Krefeld vom 24. September 2015 (22 Ks 2/15) aufgehoben.
- Der Festsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts K. vom 28. Mai 2015 wird dahin abgeändert, dass dem Beschwerdeführer zu erstattende Gebühren und Auslagen in Höhe von weiteren 252,28 Euro (in Worten: zweihundertzweiundfünfzig 28/100 Euro) festgesetzt werden.
- Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Mai 2015 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Krefeld die Rechtsanwalt N. als Pflichtverteidiger des Angeklagten zu erstattenden Gebühren und Auslagen für das beim Landgericht durch Urteil vom 30. März 2015 abgeschlossene Verfahren 22 Ks 2/15 auf 5.474,06 Euro festgesetzt.
Dagegen hat der Verteidiger Erinnerung eingelegt, mit welcher er ausschließlich beanstandet, dass die Urkundsbeamtin es abgelehnt hat, für den Hauptverhandlungstag vom 17. März 2015 neben der Terminsgebühr Nr. 4120, 4121 VV RVG eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4122 VV RVG in Höhe von 212 Euro (Teilnahme an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht von mehr als 5 und bis 8 Stunden) festzusetzen.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der Strafkammer vorgelegt. Die Strafkammer hat die Erinnerung durch Einzelrichterbeschluss vom 24. September 2015 zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat sie nicht abgeholfen. Über sie hat der Senat in voller Besetzung zu entscheiden, nachdem die hier zuständige Einzelrichterin die Sache mit Beschluss vom heutigen Tage wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht eingelegt, und hat auch in der Sache Erfolg. Dem Beschwerdeführer steht die von ihm geltend gemachte zusätzliche Terminsgebühr Nr. 4122 VV RVG zu. Die Zeit der Mittagspause ist bei der Ermittlung der für diese Zusatzgebühr maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer nicht in Abzug zu bringen.
1. Nach Nr. 4122 VV RVG erhält der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Schwurgericht neben der Terminsgebühr Nr. 4120 oder 4121 VV RVG je Hauptverhandlungstag eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 212 Euro, wenn er mehr als fünf und bis acht Stunden an der Hauptverhandlung teilnimmt (sog. Längenzuschlag).
Die Frage, ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung der für derartige Längenzuschläge maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer Sitzungspausen, insbesondere eine - im Sitzungsprotokoll ausdrücklich als solche ausgewiesene oder ersichtlich als solche angeordnete - Mittagspause, anzurechnen oder in Abzug zu bringen sind, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet (vgl. zum Streitstand die Ausführungen des OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 1 Ws 166/12 -, [...]). Für eine Anrechnung spricht insbesondere die mit der Schaffung der in Teil 4 VV RVG neu konzipierten - Längenzuschläge gewährenden - zusätzlichen Gebührentatbestände verfolgte gesetzgeberische Zielsetzung, den nach früherer Rechtslage regelmäßig im Pauschvergütungsverfahren einzelfallbezogen zu prüfenden besonderen Zeitaufwand für die Teilnahme an der Hauptverhandlung pauschal und weitestgehend unabhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls zu vergüten; die im Wesentlichen auf den Wortlaut ("Hauptverhandlung") und eine "Prozessneutralität" der Mittagspause gestützte Gegenmeinung überzeugt nicht (Anschluss an OLG Düsseldorf (3. Senat), Beschluss vom 7. September 2006 - III-3 (s) RVG 4/06 -, [...]; vgl. auch OLG Karlsruhe, aaO; OLG Stuttgart StraFo 2012, 384).
Ob und unter welchen Voraussetzungen ab einer gewissen - erheblich über eine angemessene und übliche Zeit einer Mittagspause hinausgehende - Unterbrechung der Hauptverhandlung gegebenenfalls bestimmte Zeiträume in Abzug zu bringen sind, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Die Mittagspause in der Hauptverhandlung am 17. März 2015 dauerte von 12.53 Uhr bis 13.50 Uhr an und erstreckte sich somit über einen angemessenen Zeitraum von 57 Minuten.
2. Die Mittagspause am 17. März 2015 ist damit vollständig in die für die Berechnung des Längenzuschlags maßgebliche Verhandlungsdauer einzubeziehen. Unter Berücksichtigung des - insoweit maßgeblichen - auf 9.00 Uhr gerichtlich verfügten Sitzungsbeginns und des auf 14.40 Uhr vermerkten Sitzungsendes beträgt die gebührenrechtlich zu berücksichtigende Hauptverhandlungsdauer demnach mehr als fünf Stunden, so dass dem Rechtsanwalt neben der Terminsgebühr Nr. 4120, 4121 VV RVG die zusätzliche Gebühr Nr. 4122 VV RVG in Höhe von 212 Euro zusteht, zuzüglich der hierauf entfallenden Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) in Höhe von 40,28 Euro.
Daher ...