Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Antragsgegnerin und des Beigeladenen wird der Beschluss der Vergabekammer Westfalen vom 15.06.2022 (VK 1 - 20/22) aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist unzulässig.
Das Verfahren wird an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verwiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Vergabekammerverfahren notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und des Beigeladenen zu tragen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten seitens der Antragsgegnerin und seitens des Beigeladenen wird für notwendig erklärt.
Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Vergabe von Rettungsdienstleistungen an den Beigeladenen, die ohne europaweite Ausschreibung im nicht förmlichen Verfahren erfolgt ist.
Gemäß Rettungsdienstbedarfsplan des Kreises V. (vgl. 4. Fortschreibung, S. 19, Anlage Ast 2 Nachprüfungsantrag) ist die Antragsgegnerin als mittlere kreisangehörige Kommune Träger der Rettungswachen im Rettungswachengebiet L., das die Stadt L., die Stadt C. und die Gemeinden C.1 umfasst. Insoweit ist sie für die Vorhaltung einer ausreichenden Anzahl von Rettungswachen sowie für die Besetzung der Rettungswachen und Rettungsmittel verantwortlich. Die Antragsgegnerin nahm die rettungsdienstlichen Aufgaben zum Teil selbst wahr, zum Teil wurden sie auch von dem Beigeladenen übernommen. Aus dem Bedarfsplan (4. Fortschreibung, vgl. Anlage Ast 2 Nachprüfungsantrag) ergab sich, dass in dem der Antragsgegnerin zugewiesenem Gebiet ein zusätzlicher Standort für die rettungsdienstliche Versorgung einzurichten war. Infolgedessen war die Bereitstellung eines Rettungswagens und von Personal zur Durchführung der Notfallrettung im Rettungswachengebiet L. zu vergeben (vgl. § 1 und § 2 des abgeschlossenen Vertrags, Bl. 57 Vergabeakte). Die Antragsgegnerin entschied sich, die Leistung, die oberhalb des Schwellenwerts gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB lag, übergangsweise für eine Zeit von drei Jahren durch eine gemeinnützige Hilfsorganisation erbringen zu lassen. Dazu forderte sie vier gemeinnützige Organisationen - darunter auch den Beigeladenen - zur Abgabe von Angeboten auf. Eine europaweite öffentliche Ausschreibung und Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgte nicht. Die Antragsgegnerin begründete ihr Vorgehen damit, dass eine Bereichsausnahme im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB vorliege. Lediglich der Beigeladene gab ein Angebot ab, das die Antragsgegnerin annahm. Vertragsbeginn war der 01.04.2022.
Die Antragstellerin ist ein privater Dienstleistungsanbieter und nimmt als solcher Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports in Nordrhein-Westfalen wahr.
Nachdem die Antragstellerin aus der Presse erfahren hatte, dass der Beigeladene die streitgegenständliche Leistung übernehmen sollte, hat sie, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, am 26.04.2022 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht. Sie ist der Ansicht, der Auftrag hätte nur durch eine europaweite öffentliche Ausschreibung und Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgen dürfen. Eine Bereichsausnahme gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe kein dahingehendes Ermessen, den Wettbewerb nur auf bestimmte gemeinnützige Organisationen zu beschränken. § 13 RettG NRW als maßgebliche landesrechtliche Vorschrift sehe keine Privilegierung gemeinnütziger Organisationen bei der Übertragung der rettungsdienstlichen Aufgaben vor. Dies lasse sich insbesondere auch daraus ableiten, dass bis zur Novellierung des RettG NRW in der bis zum 31.03.2015 geltenden alten Fassung des § 13 Abs. 1 S. 2 RettG NRW eine solche Privilegierung bestanden habe, indem dort festgelegt worden sei, dass bei gleichem Leistungsangebot die freiwilligen Hilfsorganisationen gegenüber sonstigen privaten Anbietern vorrangig zu berücksichtigen seien. Lediglich dann, wenn die maßgebliche landesrechtliche Vorschrift eine Privilegierung von gemeinnützigen Organisationen vorsehe, könne sich der öffentliche Auftraggeber auf die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB berufen, wie etwa in Brandenburg, Hamburg oder Schleswig-Holstein. Vorliegend habe die Antragsgegnerin aufgrund des § 13 RettG NRW kein Ermessen, den Wettbewerb auf gemeinnützige Organisationen im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu beschränken, da dieser gleichzeitig und gleichrangig privaten Leistungserbringern und Hilfsorganisationen eröffnet werde.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass der geschlossene Vertrag mit der Beigeladenen über Rettungsdienstleistungen für das Gebiet Stadtgebiet C. / Ortsteil S. gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB von Anfang an unwirksam ist,
2. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren in den St...