Leitsatz (amtlich)
Eine "Beschwerde" des Schöffen, die nachträgliches Entschuldigungsvorbringen enthält, ist als Antrag auf Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses zu werten, über den zunächst der Richter zu entscheiden hat, der die Ordnungsmittel verhängt hat. Erst gegen diese selbständige Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben.
Normenkette
GVG § 56 Abs. 2 S. 2
Tenor
Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
Gründe
I.
Der Vorsitzende der Strafkammer hat gegen den Beschwerdeführer, der als Schöffe zu dem Hauptverhandlungstermin vom 22. April 2015 geladen war, in der Sitzung ein Ordnungsgeld von 450 Euro festgesetzt und ihm die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt, nachdem dieser unentschuldigt nicht erschienen war.
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die der Schöffe am 21. April 2015 per Einschreiben zur Post gegeben hatte, ging erst am 23. April 2015 bei Gericht ein. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. Mai 2015 hat der Schöffe Beschwerde gegen den Ordnungsmittelbeschluss eingelegt und nachträglich krankheitsbedingte Entschuldigungsgründe geltend gemacht. Der behandelnde Arzt hat dem Vorsitzenden der Strafkammer am 11. Juni 2015 auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 22. April 2015 wegen einer starken Magen-Darm-Erkrankung mit Brechdurchfall nicht möglich gewesen sei.
Mit Beschluss vom 1. Juli 2015 hat der Vorsitzende der Strafkammer den Ordnungsmittelbeschluss vom 22. April 2015 dahin abgeändert, dass die Auferlegung des Ordnungsgeldes von 450 Euro entfällt. Die Anordnung, dass der Schöffe die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten zu tragen hat, ist aufrechterhalten worden.
II.
Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
Die "Beschwerde" des Antragstellers, die nachträgliches Entschuldigungsvorbringen enthält (§ 56 Abs. 2 Satz 2 GVG), ist als Antrag auf Aufhebung des Ordnungsmittelbeschlusses vom 22. April 2015 zu werten, über den - wie geschehen - der Vorsitzende der Strafkammer zu entscheiden hatte. In dem Beschluss vom 1. Juli 2015 konnte dieser sich erstmals mit dem nachträglichen Entschuldigungsvorbringen auseinandersetzen. Er hat die das Ordnungsgeld von 450 Euro betreffende Anordnung aufgehoben und die Anordnung, dass der Schöffe die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten zu tragen hat, mit näherer Begründung aufrechterhalten.
Erst gegen diese selbständige Entscheidung ist, soweit der Schöffe noch beschwert ist, das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Eine solche Verfahrensweise ist bei einem in der Hauptverhandlung ausgebliebenen Zeugen, der sich nachträglich entschuldigt, anerkannt (vgl. OLG Hamm VRS 42, 283; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 51 Rdn. 28 m.w.N.). Bei einem Schöffen kann angesichts der inhaltsgleichen Regelungen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 GVG bzw. § 51 Abs. 2 Satz 3 StPO) und der vergleichbaren Sachlage nichts anderes gelten (vgl. Senat MDR 1983, 690; KK-Barthe, StPO, 7. Aufl., § 56 GVG Rdn. 8; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 56 GVG Rdn. 9; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 56 Rdn. 17).
Ebenso wie der Vorsitzende der Strafkammer das nachträgliche Entschuldigungsvorbringen erst in dem Beschluss vom 1. Juli 2015 würdigen konnte, konnte der Schöffe die dortige Begründung erst nach dem als "Beschwerde" bezeichneten Aufhebungsantrag vom 22. Mai 2015 zur Kenntnis nehmen. Dies verdeutlicht, dass allein der Beschluss vom 1. Juli 2015, soweit der Schöffe noch beschwert ist, der Anfechtung mit der Beschwerde unterliegt.
Fundstellen