Leitsatz (amtlich)
Begehrt der Kläger die Räumung eines Grundstücks "unter Entfernung aller Aufbauten", so erhöht sich der Streitwert der Räumungsklage um die zu schätzenden Abbruchkosten.
Normenkette
GKG § 41 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Aktenzeichen 1 O 58/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 14.9.2007 abgeändert und der Streitwert festgesetzt auf: 17.497 EUR.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Klägerin hat den Beklagten auf Räumung einer ihm - angeblich - ohne Mietvertrag überlassenen Grundstücksteilfläche in Anspruch genommen mit der im Klageantrag formulierten Maßgabe: "... unter Entfernung aller Aufbauten vollständig geräumt als ebenerdige Freifläche an die Klägerin herauszugeben". In der Klagebegründung hat die Klägerin daraufhingewiesen, der Beklagte habe auf dem Grundstück eine von ihm nun zu entfernende Halle errichtet. Das LG hat nach Klagerücknahme den Streitwert entsprechend dem für angemessen gehaltenen Jahresmietwert der Grundstücksfläche auf 7.497 EUR festgesetzt. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit ihrem Rechtsmittel. Sie machen geltend, die fiktiven Abbruchkosten seien dem Streitwert hinzuzurechnen.
Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das im eigenen Namen eingelegte Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 S. 2, 66 Abs. 5 und 6 GKG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg:
Das Klagebegehren geht über das bloße Räumungsbegehren, dessen Wert nach § 41 Abs. 2 S. 2 GKG mit dem Wert der Nutzung eines Jahres zu bemessen ist, hinaus. Denn die Klägerin hat mit ihrer Klage neben der Räumung auch die Entfernung aller Aufbauten und die Herstellung einer ebenerdigen Freifläche verlangt. Dieses Begehren wird nicht schon von dem Streitwert des Räumungsantrags mit umfasst. Aus einem Räumungstitel wird gemäß § 885 ZPO vollstreckt: Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen; bewegliche Sachen, insbesondere Möbel und Einrichtungsgegenstände, sind wegzuschaffen (§ 885 Abs. 2 ZPO). Erstrebt der Gläubiger darüber hinaus die Rückgabe in einem noch (wieder-)herzustellenden Zustand, so reicht der Räumungstitel dafür nicht, vielmehr bedarf es dann der gesonderten Titulierung eines entsprechenden Anspruchs (Derleder JurBüro 1994, 452). Dem hat die Klägerin im vorliegenden Fall in der Fassung des Klageantrags Rechnung getragen. Die Vollstreckung eines entsprechenden Titels richtet sich nach § 887 ZPO (BGH NJW-RR 2005, 212; OLG Düsseldorf MDR 2002, 1394, OLG Düsseldorf JZ 1961, 293; OLG Celle NJW 1962, 595; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 885 Rz. 1 a.E.; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 885 Rz. 4). Eine Vollstreckung nach § 885 Abs. 2 ZPO scheidet insoweit schon deshalb aus, weil diese Vorschrift nur solche bewegliche Sachen betrifft, die weggeschafft, verwahrt und versteigert werden können.
Diese Rechtslage hat zur Konsequenz, dass die für die Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Kosten dem Wert des Räumungsbegehrens hinzuzurechnen sind (OLG Hamburg WuM 2000, 365; vgl. auch BGH WuM 2005, 525; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rz. 3562 a.E.). Der Senat schätzt diese Kosten für das mit der Klage verlangte Abbrechen der Halle und Herstellen eines Planums auf der 525 qm großen Grundstücksfläche auf 10.000 EUR. Unter Einschluss des Wertes des Räumungsantrags errechnet sich ein Streitwert von insgesamt 17.497 EUR.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 2001211 |
MietRB 2008, 301 |
OLGR-Mitte 2008, 579 |
RVG prof. 2008, 149 |