Leitsatz (amtlich)
1. Die in einem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten sind Kosten eines nachfolgenden Hauptsacheverfahrens, wenn Parteien und Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptsacheprozesses identisch sind.
2. Nicht erforderlich ist es für die Berücksichtigung der Kosten des Beweisverfahrens als Kosten des Hauptsacheverfahrens, dass das Beweisergebnis des Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren in einer gerichtlichen Entscheidung verwertet worden ist.
3. Sind mehrere Rechtsstreitigkeiten Hauptsachen eines einzigen Beweisverfahrens, dann sind dessen Kosten auf die Hauptsacheverfahren nach dem Verhältnis ihrer Streitwerte aufzuteilen.
4. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch wird erst mit dem Erlass einer (vorläufigen) vollstreckbaren Kostengrundentscheidung fällig. Erst dann beginnt die Verjährung.
Normenkette
BGB § 199; ZPO §§ 485-487, 92
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 10.08.2017; Aktenzeichen 4 O 206/12) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden beider Parteien werden der Beschluss des Landgerichts Duisburg vom 10. August 2017 - Bl. 224 ff GA - und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. April 2014 - Bl. 207 ff GA - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - auch hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht Duisburg zurückverwiesen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis zu 3.000 EUR
Gründe
Die sofortigen Beschwerden beider Parteien sind gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig und führen in der Sache jeweils zu einem vorläufigen Erfolg.
Streitig ist zwischen den Parteien, ob bzw. inwieweit die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens 8 OH 369/08 LG Duisburg bei der Festsetzung der Kosten des Klageverfahrens 4 O 206/12 LG Duisburg zu berücksichtigen sind. Während in den ursprünglichen - von der Beklagten angegriffenen - Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. April 2014 die Kosten des Beweisverfahrens in vollem Umfang zu Gunsten der Kläger eingeflossen sind, berücksichtigt der abändernde Beschluss vom 10. August 2017 diese Kosten mit der Begründung, es handele sich hier gerade nicht um den Nachfolgeprozess des selbständigen Beweisverfahrens, überhaupt nicht.
Beide Beschlüsse sind in der Sache unzutreffend.
Die in einem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten sind Kosten eines nachfolgenden Hauptsacheverfahrens, wenn Parteien und Streitgegenstand des Beweisverfahrens und des Hauptsacheprozesses identisch sind (BGH XII ZB 231/05, Beschluss vom 10. Januar 2017, juris Rn. 9; BGH VII ZB 34/03, Beschluss vom 24. Juni 2004, juris Rn. 8). Dieses ist in Bezug auf das selbständige Beweisverfahren 8 OH 369/08 LG Duisburg sowohl hinsichtlich des Verfahrens 2 O 387/10 LG Duisburg als auch hinsichtlich des vorliegenden Prozesses der Fall.
Während das werkvertragliche Kostenvorschussverlangen der Kläger im Vorprozess im Hinblick auf eine fehlende Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erfolglos blieb, machen die Kläger nach nunmehr erfolgter Fristsetzung - erneut gestützt auf die im selbständigen Beweisverfahren 8 OH 369/08 LG Duisburg festgestellten Mängel - auch im vorliegenden Verfahren einen Kostenvorschussanspruch zur Mängelbeseitigung geltend. Der Einzelrichter der Kammer hat unter dem 3. Februar 2017 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich festgestellt, der unter anderem die Kostenregelung enthält, dass von den Kosten des Rechtsstreits die Kläger 40 % und die Beklagte 60 % tragen und die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden.
Weder der aus Sicht der Kläger erfolglose Vorprozess (siehe insoweit auch BGH XII ZB 231/05, Beschluss vom 10. Januar 2017, juris Rn. 9, zum Fall der Klagerücknahme im Vorprozess) noch die Erledigung des Verfahrens im Wege des Vergleichs stehen einer Berücksichtigung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auch im vorliegenden Prozess entgegen. Nicht erforderlich ist es für die Berücksichtigung der Kosten des Beweisverfahrens als Kosten des Hauptsacheverfahrens, dass das Beweisergebnis des Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren in einer gerichtlichen Entscheidung verwertet worden ist. Vielmehr genügt es, wenn das Hauptsacheverfahren durch Vergleich zu einer Erledigung der streitigen Ansprüche geführt hat (OLG Stuttgart 8 W 192/99, Beschluss vom 17. August 1999, Juris Rn. 9).
Sind mithin - wie vorliegend - mehrere Rechtsstreitigkeiten Hauptsachen eines einzigen Beweisverfahrens, dann sind dessen Kosten auf die Hauptsacheverfahren nach dem Verhältnis ihrer Streitwerte aufzuteilen (OLG Stuttgart 8 W 192/99, Beschluss vom 17. August 1999, Juris Rn. 9, Zöller-Herget, 31. Aufl. 2016, § 91 Rn. 13 "Selbständiges Beweisverfahren"). An dieser Maßgabe wird die erneute Berechnung des klägerischen Kostenerstattungsanspruchs zu orientieren sein.
Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung geht in der Sache ins Leere. Gemäß § 199 Abs. 1 Ziff. 1 setzt der Beginn der Verjährung die Fälligkeit des Anspruchs voraus....